Dienst
Keine Ehren
Auch wenn mir einerseits die Grenzen meiner Person und meiner Fähigkeiten bewusst sind, weiss ich andererseits nur zu gut um das Wesen des Auftrages, der mir anvertraut wurde und an dessen Erfüllung ich mit innerer Hingabe herangehen will. Hier geht es nicht um Ehren, sondern um einen Dienst, den es mit Einfachheit und Bereitwilligkeit zu leisten gilt, in der Nachfolge unseres Meisters und Herrn, der nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen (vgl. Mt. 20,28), und der beim Letzten Abendmahl den Jüngern die Füsse gewaschen und ihnen aufgetragen hat, dasselbe zu tun (vgl. Joh. 13, 13-14). Es bleibt mir und uns allen zusammen daher nichts anders übrig, als den Willen Gottes von der Vorsehung anzunehmen und unser Bestes zu tun, um ihm zu entsprechen, in dem wir uns bei der Erfüllung der jeweiligen Aufgaben im Dienst der Kirche gegenseitig helfen.
Audienz für die in Rom versammelten Kardinäle, 22. April 2005
Uneingeschränkte Treue
»Mane nobiscum, Domine!« Bleibe bei uns, Herr! Diese Aufforderung [...] ist die Bitte, die spontan aus meinem Herzen aufsteigt, während ich mich anschicke, das Dienstamt anzutreten, in das Christus mich berufen hat. Wie Petrus, so erneuere auch ich mein Versprechen uneingeschränkter Treue. Nur Ihm will ich dienen, indem ich mich vollständig dem Dienst an seiner Kirche widme.
Botschaft an die wahlberechtigten Kardinäle, Sixtinische Kapelle, 20. April 2005
Apostolisches Kollegium
Wie Petrus und die übrigen Apostel nach dem Willen des Herrn ein einziges apostolisches Kollegium bildeten, so sollen der Nachfolger des Petrus und die Bischöfe, die Nachfolger der Apostel – das Konzil betonte es ausdrücklich (vgl. Lumen gentium, 22) –, miteinander verbunden sein. Trotz der unterschiedlichen Rollen und Aufgaben des römischen Papstes und der Bischöfe steht diese kollegiale Gemeinschaft im Dienst der Kirche und der Einheit im Glauben, von der in hohem Masse die Wirksamkeit der Evangelisierungstätigkeit in der Welt von heute abhängt. Auf diesem Weg, den meine verehrungswürdigen Vorgänger beschritten haben, will auch ich weitergehen in der einzigen Sorge, der ganzen Welt die lebendige Gegenwart Christi zu verkünden.
Botschaft an die wahlberechtigten Kardinäle, Sixtinische Kapelle, 20. April 2005
Primat des Dienstes
Wie könnten wir heute nicht daran erinnern, dass der Primat der Kirche in Rom und ihres Bischofs ein Primat des Dienstes an der katholischen Gemeinschaft ist?
Angelus, 29. Juni 2005
Prinzip und Fundament
Als Bischof von Rom leistet der Papst einen einzigartigen und unerlässlichen Dienst für die Universalkirche: Er ist das immerwährende und sichtbare Prinzip und das Fundament für die Einheit der Bischöfe und aller Gläubigen.
Angelus, 29. Juni 2005
Polens Gebete
Ich denke mit Ergriffenheit an die kraftvollen Gebete, mit denen die Polen Johannes Paul II. während seines ganzen Pontifikats und besonders in den Tagen seines Hinübergangs in die Herrlichkeit des Herrn begleitet haben. Ich bin dankbar dafür, dass ich als Papst auf dieselbe Gebetsunterstützung zählen darf. Das ist ein Geschenk, das ich sehr schätze und um das ich immer wieder bitte.
"Ad-limina"-Besuch der polnischen Bischöfe, 26. November 2005
Jesus bleibt im Boot
Die Kirche – und in ihr Christus – leidet auch heute. In ihr wird Christus immer wieder verspottet und geschlagen; immer wieder versucht man, ihn aus der Welt zu verdrängen, immer wieder wird das kleine Boot der Kirche vom Wind der Ideologien hin- und hergeworfen, die mit ihren Wassern eindringen und es scheinbar zum Untergang verurteilen. Und dennoch ist Christus gerade in der leidenden Kirche siegreich. Trotz allem gewinnt der Glaube an ihn immer wieder an Kraft. Auch heute gebietet der Herr den Wassern und erweist sich als Herr der Elemente. Er bleibt in seinem Boot, im Schifflein der Kirche. So offenbart sich auch im Dienst des Petrus einerseits die Schwachheit dessen, was zum Menschen gehört, aber gleichzeitig auch die Kraft Gottes: Gerade in der Schwachheit der Menschen zeigt der Herr seine Kraft, beweist er, dass er selbst es ist, der mittels schwacher Menschen seine Kirchen aufbaut.
Predigt am Hochfest Peter und Paul, 29. Juni 2006
So vieles müsste getan werden
So vieles müsste getan werden – ich sehe, ich kann es nicht. Das gilt für die Pfarrer – ich ahne wenigstens, wie sehr -, das gilt auch für den Papst; der sollte so viel tun! Und meine Kräfte reichen einfach nicht dafür aus. So muss ich lernen, das zu tun, was ich kann, und das andere Gott und den Mitarbeitern zu überlassen und zu sagen: "Am Ende musst es ja Du machen, denn die Kirche ist Deine Kirche. Und Du gibst mir nur so viel Kraft, wie ich eben habe. Sie sei Dir geschenkt, denn sie kommt von Dir, aber das andere überlasse ich eben Dir." Ich glaube, diese Demut, das anzunehmen – "hier hört meine Kraft auf, ich überlasse es Dir, Herr, dass Du das andere tust"-, diese Demut ist entscheidend. Und dann darauf vertrauen: Er wird mir auch Mitarbeiter schenken, die weiterhelfen und die tun, was ich nicht kann.
Ansprache im Dom zu Freising, 14. September 2006
Dank
Mit der grösser gewordenen Last der Verantwortung hat der Herr auch neue Hilfe in mein Leben gebracht: Immer wieder erfahre ich mit dankbarer Freude, wie gross die Schar derer ist, die mich mit ihrem Gebet mittragen; die mir mit ihrem Glauben und ihrer Liebe helfen, meinen Dienst zu tun, die mit meiner Schwachheit Nachsicht haben und auch im Schatten Petri das gütige Licht Jesu Christi erkennen. Dafür möchte ich in dieser Stunde dem Herrn und Euch allen von ganzem Herzen danken.
Predigt am Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit, 15. April 2007
Urlaub
Es ist Urlaubszeit und morgen werde ich nach Lorenzago di Cadore reisen, wo ich Gast des Bischofs von Treviso in dem Haus sein werde, das bereits den verehrten Johannes Paul II. aufnahm. Die Bergluft wird mir gut tun, und ich werde mich – so hoffe ich – mit mehr Freiheit dem Nachdenken und dem Gebet widmen können. Ich wünsche allen – insbesondere denjenigen, die das Bedürfnis besonders danach verspüren -, dass sie etwas Urlaub machen können, um die körperlichen und geistigen Kräfte wiederzugewinnen und einen heilsamen Kontakt zur Natur wiederzufinden. Besonders die Berge rufen das Aufsteigen des Geistes wach, die Erhebung hin zum "hohen Massstab" unseres Menschenseins, zu dessen Herabsetzung das alltägliche Leben leider neigt.
Angelus, 8. Juli 2007
Der Auftrag des Papstes
Der Papst ist zuallererst Bischof von Rom und als solcher in der Nachfolge des heiligen Petrus mit einer bischöflichen Verantwortung für die ganze katholische Kirche ausgestattet. Das Wort Bischof - "Episkopos", das zunächst so viel wie Aufseher bedeutet, ist schon im Neuen Testament mit dem biblischen Begriff des Hirten verschmolzen worden: Er ist der, der von einem Übersichtspunkt aus aufs Ganze sieht, sich um den rechten Weg und den Zusammenhalt des Ganzen müht. Insofern ist mit dieser Berufsbezeichnung zunächst der Blick aufs Innere der Gläubigen Gemeinschaft gerichtet. Der Bischof - der Hirte - ist der Mann, der sich um diese Gemeinschaft kümmert; der sie dadurch beieinanderhält, dass er sie auf dem Weg zu Gott hält, wie ihn dem christlichen Glauben gemäss Christus gezeigt hat - und nicht nur gezeigt hat: er ist selbst für uns der Weg. Aber diese Gemeinschaft, um die sich der Bischof sorgt, lebt - ob sie nun gross oder klein ist - in der Welt; ihr Zustand, ihr Weg, ihr Beispiel und ihr Wort wirkt sich unweigerlich aufs Ganze der übrigen menschlichen Gemeinschaft aus. Je grösser sie ist, desto mehr wird ihr rechter Zustand oder ihr eventueller Verfall sich aufs Ganze der Menschheit auswirken. Wir sehen es heute sehr deutlich, wie der Zustand der Religionen und wie die Situation der Kirche, ihre Krisen und ihre Erneuerungen aufs Ganze der Menschheit einwirken. So ist der Papst gerade als Hirte seiner Gemeinschaft immer mehr auch zu einer Stimme der moralischen Vernunft der Menschheit geworden.
Ansprache für die römische Universität "La Sapienza", 17. Januar 2008
Die Sensibilität für die Wahrheit wachhalten
Was hat der Papst an der Universität zu tun oder zu sagen? Er darf gewiss nicht versuchen, andere in autoritärer Weise zum Glauben zu nötigen, der nur in Freiheit geschenkt werden kann. Über seinen Hirtendienst in der Kirche hinaus und vom inneren Wesen dieses Hirtendienstes her ist es seine Aufgabe, die Sensibilität für die Wahrheit wachzuhalten; die Vernunft immer neu einzuladen, sich auf die Suche nach dem Wahren, nach dem Guten, nach Gott zu machen und auf diesem Weg die hilfreichen Lichter wahrzunehmen, die in der Geschichte des christlichen Glaubens aufgegangen sind und dabei dann Jesus Christus wahrzunehmen als Licht, das die Geschichte erhellt und den Weg in die Zukunft zu finden hilft.
Ansprache für die römische Universität "La Sapienza", 17. Januar 2008
Dank des Heiligen Vaters
In diesem Augenblick kann ich euch nur für eure Liebe zur Kirche und zu unserem Herrn danken, und für die Liebe, die ihr dem armen Nachfolger Petri erweist. Ich werde versuchen, alles zu tun, was in meinen Kräften steht, um ein würdige Nachfolger des grossen Apostels zu sein, der auch ein Mensch mit Fehlern und Sünden war, am Ende aber der Fels für die Kirche bleibt. Und so kann auch ich in all meiner geistlichen Armut heute kraft der Gnade Gottes der Nachfolger Petri sein.
Auch euer Gebet und eure Liebe geben mir die Gewissheit, dass der Herr mir in meinem Dienst helfen wird. Ich bin daher zutiefst dankbar für eure Liebe und für euer Gebet. Meine Antwort auf all das, was ihr mir auf diesem Besuch gegeben habt, ist jetzt mein Segen, den ich euch zum Abschluss dieser schönen Feier erteile.
Predigt bei Votivmesse für die Universalkirche in der St.-Patrick-Kathedrale in New York, 19. April 2008
Bitte um das Gebet
Liebe Freunde, ich ermutige euch alle, jeden Tag für unsere Welt zu beten. Es gibt so viele Anliegen und Menschen, für die ihr beten könnt - auch für die, die Jesus noch kennenlernen müssen. Und betet bitte stets auch für mich. Wie ihr wisst, hatte ich gerade wieder Geburtstag. Die Zeit vergeht!
Ansprache an die jungen Behinderten im Seminar "St. Joseph in Yonkers, New York, 19. April 2008
Die Einheit: die bleibende Petrussendung
Der Weg des hl. Petrus nach Rom als Verkörperung der Weltvölker steht vor allem unter dem Wort "una": Sein Auftrag ist es, die Einheit der "catholica", der Kirche aus Juden und Heiden, der Kirche aus allen Völkern zu wirken. Und dies ist die bleibende Sendung des Petrus: dass Kirche nie nur mit einer Nation, mit einer Kultur oder einem Staat identisch sei. Dass sie immer die Kirche aller ist. Dass sie über alle Grenzen hin die Menschheit zusammenführt. Inmitten der Trennungen dieser Welt den Frieden Gottes die versöhnende Kraft seiner Liebe gegenwärtig werden lässt.
Heute gibt es in der Welt durch die überall gleiche Technik, durch das weltweite Informationsnetz wie durch die Bündelung gemeinsamer Interessen neue Weisen der Einheit, die aber auch neue Gegensätze aufbrechen lassen und alten Gegensätzen neue Stosskraft geben. Inmitten dieser Einheit von aussen, vom Materiellen her brauchen wir um so mehr die Einheit von innen, die aus dem Frieden Gottes kommt - Einheit all derer, die durch Jesus Christus Geschwister geworden sind. Dies ist die bleibende Petrussendung, auch der besondere Auftrag an die Kirche von Rom.
Homilie an der Eucharistiefeier im Petersdom am Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus, 29. Juni 2008
Das Gebet: der erste Dienst des Hl. Vaters
Es waren Tage der Ruhe und Entspannung, in denen ich nicht aufgehört habe, dem Herrn all jene anzuempfehlen, die sich meine Gebeten anvertrauen, und es sind wirklich sehr viele, die mir schreiben und mich bitten für sie zu beten. Sie teilen mir ihr Freuden mit, aber auch ihre Sorgen, ihre Lebenspläne, ihre Probleme in der Familie und am Arbeitsplatz, die Erwartungen und Hoffnungen, die sie im Herzen tragen, sowie ihre Ängste im Hinblick auf die Ungewissheiten, denen die Menschheit in diesem Moment ausgesetzt ist. Ich kann euch zusichern, dass ich eines jeden einzelnen gedenke, vor allem in der täglichen Feier der heiligen Messe und im Gebet des Rosenkranzes. Ich weiss, dass der erste Dienst den ich der Kirche und der Menschheit erweisen kann, im Gebet besteht. Im Gebet lege ich nämlich vertrauensvoll jenes Amt in die Hände des Herrn, das er selbst mir anvertraut hat, zusammen mit den Geschicken der gesamten kirchlichen und zivilen Gemeinschaft.
Angelus, 13. August 2008