Liturgie
Gesang im Gottesdienst
Das Zweite Vatikanische Konzil hat es nicht versäumt, daran zu erinnern, wie sehr die Kirche die Rolle all jener schätzt, die durch ihren Gesang zur Schönheit der Liturgie beitragen. Christus ist gegenwärtig, "wenn die Kirche betet und singt", und wir sind mit der Kirche des Himmels verbunden (vgl. Sacrosanctum Concilium, 7-8). Daher habt ihr einen wichtigen Auftrag: dem Gottesvolk helfen, mit Würde zu beten. Denn die Kirchenmusik hat eine "dienende Aufgabe" im Gottesdienst (vgl. ebd.112). Denkt stets daran, dass "wenn die Kirche betet, singt oder handelt, der Glaube der Teilnehmer genährt und ihr Herz zu Gott hin erweckt wird, auf dass sie ihm geistlichen Dienst leisten und seine Gnade reichlicher empfangen"(ebd.33).
Ansprache an den Chorverband "Pueri Cantores", 30. Dezember 2005
Jugendliche im Gottesdienst
Unter den vielen Gebetsformen gebührt der Liturgie ein besonderer Platz. In Polen nehmen die jungen Menschen in grosser Zahl und aktiv an der Sonntagsmesse teil. Es müssen noch die Anstrengungen intensiviert werden, damit der umsichtige Einsatz der Priester für die richtige Feier der Liturgie, für die Schönheit des Wortes, der Geste, der Musik immer mehr zu einem deutlichen Zeichen des Erlösungsmysteriums werden, das sich in ihr erfüllt. Wichtig ist auch, dass die Jugendlichen durch eine aktive Beteiligung an der Vorbereitung des Gottesdienstes, durch ihr Mitwirken beim Wortgottesdienst, beim Altardienst oder bei der musikalischen Gestaltung in die liturgische Handlung einbezogen werden. Dann werden sie sich als Teilhaber an dem Geheimnis fühlen, das in die Welt Gottes einführt und gleichzeitig zur Welt der Menschen hinführt, die von derselben Liebe Christi angezogen werden.
"Ad-limina"-Besuch der polnischen Bischöfe, 26. November 2005
Jesus betet mit uns
Jesus spricht mit dem Vater und erhebt seine menschliche Seele in der Gemeinsaft mit der Person des Sohnes, so dass die Menschennatur des Sohnes, die mit ihm vereint ist, im dreifaltigen Dialog mit dem Vater spricht; und so ermöglicht er auch uns das wahre Gebet. In der Liturgie betet Jesus mit uns, und wir beten mit Jesus und treten so in einen wirklichen Kontakt mit Gott, treten ein in das Geheimnis der ewigen Liebe der Heiligsten Dreifaltigkeit.
Predigt in der Pfarrkirche "Sant’ Anna" im Vatikan, 5. Februar 2006
Durch die Liturgie in Christus verwandeln lassen
Im Psalm 150, den wir eben gehört und innerlich mitgebetet haben, werden Hörner und Flöten, Harfen und Zithern, Zimbeln und Pauken genannt, all diese Instrumente sollen zum Lob des dreifaltigen Gottes beitragen. In einer Orgel müssen die vielen Pfeifen und die Register eine Einheit bilden. Klemmt es hier oder dort, ist eine Pfeife verstimmt, dann ist dies zunächst vielleicht nur für ein geübtes Ohr vernehmbar. Sind mehrere Pfeifen nicht mehr richtig gestimmt, gibt es Disharmonien, und es wird unerträglich. Auch die Pfeifen dieser Orgel sind Temperaturschwankungen und Ermüdungseinflüssen ausgesetzt. Das ist ein Bild für unsere Gemeinschaft in der Kirche. Wie in der Orgel eine berufene Hand immer wieder die Disharmonien zum rechten Klang vereinen muss, so müssen wir auch in der Kirche in der Vielfalt der Gaben und der Charismen immer neu durch die Gemeinschaft des Glaubens den Einklang im Lob Gottes und in der geschwisterlichen Liebe finden. Je mehr wir uns durch die Liturgie in Christus verwandeln lassen, um so mehr werden wir fähig sein, auch die Welt zu verwandeln, indem wir die Güte, die Barmherzigkeit und Menschenfreundlichkeit Christi ausstrahlen.
Grussworte bei der Einweihung der neuen Orgel in der Alten Kapelle in Regensburg, 13. September 2006
Keine Selbstveranstaltung
Die Liturgie ist eben nicht eine "Selbstveranstaltung" der Gemeinde, die sich dabei einbringt, wie man so schön sagt, sondern das Heraustreten der Gemeinde aus dem blossen Selbersein und das Hineintreten in das grossen Mahl der Armen, in die grosse, lebendige Gemeinschaft, in der Gott uns selber speist. Dieser universale Charakter der Liturgie muss wieder allen bewusst werden. In der Eucharistie empfangen wir etwas, das wir nicht machen können, sondern treten in ein grösseres hinein, das gerade dann unsrig wird, wenn wir uns in dieses Grössere hineingeben und die Liturgie wirklich als Liturgie der Kirche zu feiern versuchen.
Ansprache an die Schweizer Bischöfe, 7. November 2006
Feste feiern
Die Welt hat auch ihre Feste. Nietzsche hat sogar gesagt: Nur wenn es Gott nicht gibt, können wir ein Fest feiern. Aber das ist Unsinn: Nur wenn es Gott gibt und er uns anrührt, kann es ein wirkliches Fest geben. Und wir wissen ja, wie diese Feste des Glaubens doch den Menschen dann das Herz aufreissen und eindrücke schaffen, die ihnen weiterhelfen.
Ansprache an die Schweizer Bischöfe, 9. November 2006
Das Wort wird lebensspendend und lebt
Es ist vor allem ein Wort [das Wort Gottes], das in der Liturgie lebensspendend wird und lebt; deshalb, würde ich sagen, ist die Liturgie der bevorzugte Ort, wo jeder von uns im Gespräch mit Gott in das "Wir" der Kinder Gottes eintritt. Das ist wichtig: Das Vaterunser beginnt mit den Worten Vater unser; nur wenn ich in das "Wir" dieses "Unser" aufgenommen werde, kann ich den Vater finden; nur innerhalb dieses "Wir", dem Subjekt des Vaterunser-Gebetes, hören wir das Wort Gottes richtig. Deshalb scheint mir Folgendes so wichtig zu sein: Die Liturgie ist der bevorzugte Ort, wo das Wort lebendig und gegenwärtig ist, ja, wo das Wort, der "Logos", der Herr, zu uns spricht und sich in unsere Hände gibt. Wenn wir in dieser grossen Gemeinschaft der Kirche aller Zeiten auf den Herrn hören, dann finden wir ihn.
Besuch im Römischen Priesterseminar, 17. Februar 2007
Im "Wir" bleiben
Gott spricht auf vielerlei Weise mit uns. Wichtig ist einerseits, im "Wir" der Kirche, indem in der Liturgie gelebten "Wir" zu bleiben. Es ist wichtig, diesem "Wir" in uns selbst persönliche Gestalt zu geben, auf die anderen Stimmen des Herrn zu hören, uns auch leiten zu lassen von Menschen die sozusagen Erfahrung mit Gott haben und uns auf diesem Weg helfen, damit dieses "Wir" zu meinem "Wir" wird und ich einer werde, der wirklich zu diesem "Wir" gehört. So wächst die Erkenntnis und wächst die persönliche Freundschaft mit Gott, die Fähigkeit, in den Tausenden von Stimmen heute die Stimme Gottes zu vernehmen, der immer gegenwärtig ist und immer zu uns spricht.
Besuch im Römischen Priesterseminar, 17. Februar 2007
Gebet
Die Liturgie ist also vor allem Gebet: Zuerst Zuhören, dann Antworten, sei es im Antwortpsalm oder im Gebet der Kirche oder im eucharistischen Hochgebet. Wir feiern die Liturgie richtig, wenn wir sie in einer "betenden" Haltung feiern, indem wir uns dem Geheimnis Christi und seinem Gespräch als Sohn mit dem Vater anschliessen. Wenn wir die Eucharistie in dieser Weise feiern – zuerst als Zuhören, dann als Antwort, somit als Gebet mit den vom Heiligen Geists angezeigten Worten -, dann feiern wir sie richtig. Und die Menschen werden hineingezogen durch unser gemeinsames Gebet in den engsten Kreis der Kinder Gottes.
Begegnung mit den Priestern der Diözese Rom, 22. Februar 2007
Kein Widerspruch
Es gibt keinen Widerspruch zwischen der einen und der anderen Ausgabe des Missale Romanum. In der Liturgiegeschichte gibt es Wachstum und Fortschritt, aber keinen Bruch. Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und gross; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein. Es tut uns allen gut, die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen sind und ihnen ihren rechten Ort zu geben. Um die volle "communio" zu leben, können die Priester, die den Gemeinschaften des alten Usus zugehören, selbstverständlich die Zelebration nach den neuen liturgischen Büchern im Prinzip nicht ausschliessen. Ein völliger Ausschluss wäre nämlich nicht in Übereinstimmung mit der Anerkennung des Wertes und Heiligkeit des Ritus in seiner erneuerten Form.
Brief zu dem als "Motu proprio" erlassenen Apostolischen Schreiben, 7. Juli 2007
Die Liebe zu den Armen ist Liturgie
Die Bedeutung, die Paulus dieser Geste des Teilens beimisst, ist so gross, dass er sie nicht einfach "Geldsammeln" nennt; für ihn ist es vielmehr "Dienst", "Segen", "Liebe", "Gnade", ja "Liturgie" (vgl. 2 Kor 9). Besonders überrascht dieser letztgenannte Begriff, der dem Sammeln von Geld auch einen kultischen Wert zuerkennt: Es ist einerseits liturgischer Gestus oder "Dienst", der von jeder Gemeinde Gott dargebracht wird, und andererseits eine für das Volk vollzogene Handlung der Liebe, Liebe zu den Armen und göttliche Liturgie gehören zusammen, die Liebe zu den Armen ist Liturgie.
Generalaudienz, 1. Oktober 2008
Für Gott kann Liturgie nie zu schön gepflegt sein
Unsere irdische Liturgie, die ganz auf die Feier dieses in der Geschichte einmaligen Ereignisses ausgerichtet ist, wird niemals vollständig dessen unendlichen Fülle zum Ausdruck bringen können. Die Schönheit der Riten wird sicherlich niemals erlesen, gepflegt und durchdacht genug sein können, weil nichts zu schön sein kann für Gott, der die unendliche Schönheit ist. Unsere irdischen Liturgiefeiern können immer nur ein blasser Abglanz jener Liturgie sein, die im himmlischen Jerusalem, dem Ziel unserer irdischen Pilgerreise, gefeiert wird. Mögen unsere Gottesdienste ihr dennoch möglichst nahe kommen und Vorgeschmack auf sie sein.
Vesper in der Kathedrale Notre-Dame in Paris, 12. September 2008