Schöpfung




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Die Schönheit der Schöpfung
Einigen von uns mag es scheinen, als seien wir ans Ende der Welt gekommen! Für Menschen in eurem Alter ist allerdings jeder Flug eine spannende Unternehmung. Mir aber stand dieser Flug bevor wie etwas, das einem den Mut nehmen kann! Und doch waren die Ausblicke auf unseren Planeten, die sich mir von der Höhe aus boten, wirklich wundervoll. Das Gefunkel des Mittelmeeres, die Erhabenheit der nordafrikanischen Wüste, das üppige Grün der Wälder Asiens, die Weite des pazifischen Ozeans, der Horizont, über dem die Sonne auf- und unterging, und der majestätische Glanz von Australiens natürlicher Schönheit, die ich in den vergangenen Tagen geniessen konnte - all das weckte eine tiefe Ehrfurcht. Es ist, als bekomme man einen Einblick in die Schöpfungsgeschichte der Genesis - Licht und Finsternis, Sonne und Mond, Wasser, Luft und Lebewesen: all das ist "gut" in Gottes Augen (vgl. Gen 1,1-2,4). Wer würde, wenn er in solche Schönheit vertieft ist, nicht die Worte des Psalmisten zum Lob des Schöpfers wiederholen: "Wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!" (Ps 8,2)?
Ansprache bei Willkommensfeier auf den Hafengelände in Sydney, 17. Juli 2008



Was ist der Mensch?
Und da gibt es noch mehr, vom Himmel aus [vom Flugzeug aus] kaum wahrnehmbar: Männer und Frauen, nach nichts Geringerem als Gottes eigenem Ebenbild geschaffen (vgl. Gen 1,26). Im Herzen des Wunders der Schöpfung sind wir, Ihr und ich, die Menschheitsfamilie "mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt" (Ps 8,6). Wie erstaunlich! Mit dem Psalmisten flüstern wir: "Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst?" (Ps 8,5). Und gleichsam hineingezogen ins Schweigen, in eine Haltung des Dankens, in die Macht der Heiligkeit, werden wir nachdenklich.
Ansprache bei Willkommensfeier auf den Hafengelände in Sydney, 17. Juli 2008



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Der Mensch: der Gipfel der Schöpfung
Wie steht es um den Menschen, den Gipfel von Gottes Schöpfung? Jeden Tag begegnen wir dem Genius menschlicher Errungenschaften. Von den Fortschritten in den medizinischen Wissenschaften und der klugen Anwendung der Technologie bis zur Kreativität, die sich in den Künsten niederschlägt, sind Lebensqualität und Lebensfreude der Menschen auf vielerlei Weise in ständigem Anstieg begriffen. Bei euch selbst gibt es eine schnelle Bereitschaft, die euch angebotenen reichlichen Möglichkeiten aufzugreifen. Einige von euch tun sich hervor in ihren Studien, in Sport, Musik oder Tanz und Theater, andere unter euch haben ein ausgeprägtes Empfinden für soziale Gerechtigkeit und Ethik, und viele von euch engagieren sich in Dienstleistungen und Volontariat. Wir alle, jung und alt, kennen solche Momente, in denen die angeborene Güte des Menschen - die wir vielleicht in der Geste eines kleinen Kindes oder in der Bereitschaft eines Erwachsenen zum Verzeihen erblicken - uns mit tiefer Freude und Dankbarkeit erfüllt.
Ansprache bei Willkommensfeier auf den Hafengelände in Sydney, 17. Juli 2008



Das Wundersame der menschlichen Existenz
Die Religionen der Welt lenken die Aufmerksamkeit beständig auf das Wundersame der menschlichen Existenz. Wer staunt nicht angesichts der Kraft des Verstandes, die Geheimnisse der Natur durch wissenschaftliche Entdeckungen zu erfassen? Wer bleibt ungerührt angesichts der Möglichkeit, eine Zukunftsvision zu entwickeln? Wer ist nicht von der Kraft des menschlichen Geistes beeindruckt, sich Ziele zu setzen und Wege zu finden, diese zu erreichen? Männern und Frauen ist nicht nur die Fähigkeit gegeben, sich vorzustellen, wie die Dinge besser sein könnten, sondern ihre Energien dafür einzusetzen, sie zu verbessern. Wir sind uns unserer einzigartigen Beziehung zum Reich der Natur bewusst. Wenn wir also glauben, dass wir den Gesetzen des materiellen Universums nicht in derselben Weise unterworfen sind wie die restliche Schöpfung, sollten wir dann nicht Güte, Mitleid, Freiheit, Solidarität und die Achtung vor jedem einzelnen zu einem wesentlichen Teil unserer Vision von einer menschlicheren Zukunft machen?
Ansprache bei Interreligiöser Begegnung in Sydney, 18. Juli 2008



Erkennen dass wir Geschöpfe Gottes sind
Der Glaube lehrt uns, dass wir in Jesus Christus, dem fleischgewordenen Wort Gottes, dahin gelangen, die Erhabenheit unseres eigenen Menschseins, das Geheimnis unseres Erdenlebens und die hohe Bestimmung, die uns im Himmel erwartet, zu erkennen (gl. Gaudium et spes, 24). Der Glaube lehrt uns, dass wir Geschöpfe Gottes sind, geschaffen als sein Abbild und ihm ähnlich, mit einer unantastbaren Würde ausgestattet und zum ewigen Leben berufen. Wo immer der Mensch herabgewürdigt wird, verliert auch unsere Umwelt an Wert; sie verliert ihren letzten Sinn und verfehlt ihr Ziel. Was daraus hervorgeht, ist eine Kultur nicht des Lebens, sondern des Todes. Wie könnte man so etwas als "Fortschritt" betrachten? Es ist ein Schritt zurück, eine Form der Regression, die letztlich die Quellen des Lebens selbst für den einzelnen Menschen und für die Gesellschaft austrocknen lässt.
Predigt bei Eucharistiefeier mit Bischöfen, Seminaristen und jungen Ordensangehörigen, 19. Juli 2008



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Christus ist Schöpfer und Erlöser!
Der Erlöser ist der Schöpfer, und wenn wir Gott nicht in dieser ganzen Grösse verkünden - Schöpfer und Erlöser -, dann reduzieren wir auch die Erlösung. Denn, wenn Gott in der Schöpfung nichts zu sagen hat, wenn er nur irgendwie in einem Bereich der Geschichte anwesend ist, wie soll er dann wirklich unser ganzes Leben umfassen? Wie soll er dann wirklich Heil für den Menschen als Ganzen und für die Welt in ihrer Ganzheit geben können? Deswegen ist eine Erneuerung der Schöpfungslehre und ein neues Verstehen der Untrennbarkeit von Schöpfung und Erlösung für mich von grösster Bedeutung. Wir müssen wieder neu erkennen: er ist der "Creator Spiritus", die Vernunft, die am Anfang steht und aus der alles kommt und von der unsere Vernunft ein Funke ist. Und Er ist es - der Schöpfer selbst-, der auch in die Geschichte hereingetreten ist und in sie hineintreten, in ihr wirken kann, eben weil er der Gott des Ganzen und nicht nur eines Teils ist. Wenn wir das erkennen, dann wird klar, das Erlösung, dass Christsein, dass ganz einfach christlicher Glaube immer auch Schöpfungsverantwortung bedeutet.
Begegnung mit Priestern, Diakonen und Seminaristen aus Südtirol, 6. August 2008



Die Schöpfung leidet
Die Menschheit muss befreit und gerettet werden. Die Schöpfung selbst - sagt der hl. Paulus - leidet und hofft, zur Freiheit der Kinder Gottes befreit zu werden (vgl. Röm 8,19-21). Diese Worte gelten auch für die heutige Welt. Die Schöpfung leidet. Die Menschheit leidet und wartet auf die wahre Freiheit, sie wartet auf eine andere, bessere Welt; sie wartet auf die "Erlösung" und sie weiss im Grunde, dass diese neue Welt, auf die sie wartet, einen neuen Menschen voraussetzt, "Kinder Gottes" voraussetzt.
Botschaft zum Weltmissionssonntag am 26. Oktober 2008, Botschaft datiert 11. Mai 2008



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Der Verbrauch der Schöpfung
Der brutale Verbrauch der Schöpfung setzt dort ein, wo es keinen Gott gibt, wo Materie nur noch Material ist für uns, wo wir selbst die letzten Instanzen sind, wo das Ganze uns einfach gehört und wir es für uns verbrauchen. Und der Verbrauch der Schöpfung setzt dort ein, wo wir keine Instanz mehr über uns haben, sondern nur noch uns selber wollen; er setzt dort ein, wo es keine Dimension des Lebens über den Tod hinaus mehr gibt, wo wir in diesem Leben sozusagen das Ganze an uns reissen und das Leben so voll besitzen müssen wie nur möglich, wo wir alles haben müssen, was überhaupt zu haben ist.
Begegnung mit Priestern, Diakonen und Seminaristen aus Südtirol, 6. August 2008


Der Urgrund der Schöpfung
Die Heilsgeschichte ist keine unbedeutende Begebenheit auf einem kleinen Planeten in der Unendlichkeit des Universums. Sie ist nicht irgendetwas Nichtiges, das zufällig auf einem abgelegenen Planeten geschieht. Sie ist der Beweggrund von allem, der Urgrund der Schöpfung. Alles wurde geschaffen, damit es diese Geschichte gäbe, die Begegnung zwischen Gott und seinem Geschöpf.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008



Das Mysterium Christi erreichen
Christus ist der "protòtypos", der Erstgeborene der Schöpfung, die Idee, durch die das Universum erdacht wurde. Er nimmt alles auf. Wir treten in die Bewegung des Universums ein, wenn wir uns mit Christus vereinen. Man kann sagen, dass, während die materielle Schöpfung die Bedingung für die Heilsgeschichte ist, die Geschichte des Bundes die wahre Ursache für den Kosmos ist. Wir erreichen die Wurzeln des Seins, wenn wir das Mysterium Christi erreichen, sein lebendiges Wort, das das Ziel der ganzen Schöpfung ist.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008



Verantwortungsvoller Umgang mit der Schöpfung
Die Menschheit hat die Pflicht, diesen Schatz [die Schöpfung, das unermessliche Geschenk Gottes an die Menschheit] zu schützen und sich gegen eine wahllose Nutzung der Güter der Erde zu engagieren. Ohne eine angemessene ethische und moralische Grenze kann das menschliche Verhalten nämlich zu einer Bedrohung und Herausforderung werden. Die Erfahrung lehrt, dass der verantwortungsvolle Umgang mit der Schöpfung zu einer gesunden und nachhaltigen Tourismuswirtschaft gehört oder gehören sollte. Umgekehrt schaden der falsche Umgang mit der Natur und der Missbrauch an der Kultur der einheimischen Bevölkerung auch dem Tourismus. Die Umwelt respektieren zu lernen, lehrt auch, die anderen und sich selbst zu respektieren.
Ansprache an die Teilnehmer an einer vom Zentrum für Jungendtourismus (CTG) und vom Internationalen Sozialtourismus (BITS) ausgerichteten Tagung, 27. September 2008



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Gott arbeitet weiter an der Schöpfung
Er, der eine, der wirkliche und einzige Gott ist auch Schöpfer. Gott arbeitet, er arbeitet weiter in und an der Geschichte der Menschen. In Christus tritt er als Person in die mühselige Arbeit der Geschichte ein. „Mein Vater arbeitet bis jetzt und auch ich arbeite.“ Gott selbst ist der Weltschöpfer, und die Schöpfung ist nicht zu Ende. Gott arbeitet. So musste nun das Arbeiten der Menschen als besondere Weise der Gottebenbildlichkeit des Menschen erscheinen, der sich damit am weltschöpferischen Handeln Gottes beteiligen kann und darf.
Ansprache bei der Begegnung mit Vertretern der Kultur im Collège des Bernardins in Paris, 12. September 2008



Der Schöpfer erhält die Entwicklung im Sein
Die Aussage, dass der Grund des Kosmos und seiner Entwicklungen die fürsorgliche Weisheit des Schöpfers ist, bedeutet nicht, dass die Schöpfung nur mit dem Beginn der Geschichte der Welt und des Lebens zu tun hat. Es bedeutet vielmehr, dass der Schöpfer diese Entwicklungen ins Leben ruft und sie beständig im Sein erhält, unterstützt, trägt und lenkt.
Ansprache an die Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, 31. Oktober 2008