Sohn Gottes




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Jesus in der Geschichte
Es gibt einen neuen Anfang "in" der Geschichte und einen neuen Anfang "der" Geschichte in Jesus Christus, in dem, der Mensch und Gott ist. Mit Jesus, der von Gott kommt, beginnt eine neue Geschichte, die durch sein Ja zu seinem Vater Gestalt erhält und daher nicht auf den Stolz einer falschen Emanzipation, sondern auf die Liebe und die Wahrheit gegründet ist.
Generalaudienz, 10. Dezember 2008



Jene die ihn suchen werden ihn finden
Den Gott, der aus Liebe unser Bruder geworden ist, finden auch heute jene, die ihn in ihrem Leben erwarten und ihn suchen; jene, die ihm ihr Herz zuwenden, verlangen danach, sein Antlitz zu schauen und zum Kommen seines Reiches beizutragen. Jesus wird es in seiner Verkündigung selbst sagen: es sind die Armen im Geist, die Notleidenden, die Sanftmütigen, die nach Gerechtigkeit Hungernden, die Barmherzigen, die, die ein reines Herz haben, die Friedensstifter, die um der Gerechtigkeit Willen Verfolgten (vgl. Mt 5,3-10). All diese werden in Jesus das Antlitz Gottes erkennen und wie die Hirten von Bethlehem mit einem von der Freude seiner Liebe erneuerten Herzen nach Hause aufbrechen.
Botschaft zum Segen "Urbi et Orbi", 25. Dezember 2008



Der Höhepunkt des Gebets
Es liegt mir sehr daran hervorzuheben, dass die Verklärung Jesu im Wesentlichen eine vom Gebet getragene Erfahrung gewesen ist (vgl. Lk 9,28.29). Das Gebet erreicht nämlich seinen Höhepunkt und wird somit zum Quell inneren Lichtes, wenn der Geist des Menschen mit dem Geist Gottes übereinkommt und sich beider Willen verschmilzt, um gleichsam eine Einheit zu bilden.
Angelus, 8. März 2009



Im Augenblick der Verklärung
In jenem Augenblick sah Jesus, wie sich das Kreuz vor ihm abzeichnete, das äusserste Opfer, das notwendig ist, um uns von der Herrschaft der Sünde und des Todes zu befreien. Und in seinem Herzen wiederholte er erneut sein "Amen". Er sagte: Ja, ich bin bereit, Vater, dein Wille der Liebe geschehe, und wie es nach der Taufe im Jordan geschehen war, kamen vom Himmel die Zeichen des Wohlgefallens Gottvaters: das Licht, das Christus verklärte, und die Stimme, die ihn als "den geliebten Sohn" verkündete (Mk 9,7).
Angelus, 8. März 2009



Den Willen des Vaters vollbringen
Die Zeit der Worte und der Reden hat ihr Ende gefunden: es ist die entscheidende Stunde gekommen, für die der Sohn Gottes in die Welt gekommen ist, und obwohl seine Seele erschüttert ist, ist er bereit, bis zum äussersten den Willen des Vaters zu vollbringen. Und das ist der Wille Gottes: uns das ewige Leben zu geben, das wir verloren haben. Damit dies aber Wirklichkeit werde, muss Jesus wie ein Weizenkorn sterben, das Gottvater in die Welt ausgesät hat. Nur so wird eine neue Menschheit aufkeimen und wachsen können, die von der Herrschaft der Sünde befreit und daher fähig ist, in Brüderlichkeit zu leben, als Söhne und Töchter des einen Vaters im Himmel.
Angelus, 29. März 2009



Der Sohn Gottes ist der Massstab
Gegen einen verbreiteten Relativismus, der nichts als endgültig anerkennt und dazu neigt, das eigenen Ich und seine Launen zum letzen Massstab zu machen, setzen wir einen anderen Massstab entgegen: den Sohn Gottes, der auch wahrer Mensch ist. Er ist der Massstab des wahren Humanismus.
Ansprache bei der Begegnung mit den Bischöfen von Angola in der Apostolischen Nuntiatur in Luanda, 20. März 2009



Hingabe Jesu an den Vater
"Was ist das für ein Mensch", so fragen sich die Jünger erstaunt und verängstigt, "dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen?"(Mk 4,41). Ihr Glaube ist noch nicht fest, er ist noch im Entstehen begriffen; es handelt sich um eine Mischung aus Furcht und Vertrauen; die vertrauensvolle Hingabe Jesu an den Vater ist hingegen vollkommen und rein. Daher, wegen dieser Macht der Liebe, kann er während des Sturmes schlafen, vollkommen sicher in Gottes Umarmung.
Predigt bei der Eucharistiefeier in San Giovanni Rotondo, 21. Juni 2009



Jesu Furcht und Angst
Es wird der Moment kommen, in dem auch Jesus Furcht und Angst empfinden wird: wenn seine Stunde kommt, wird er die ganze Schwere der Sünden der Menschheit auf sich lasten spüren, wie eine hohe Welle, die auf ihn niederzugehen droht. Das wird allerdings ein schrecklicher Sturm sein, kein kosmischer, sondern ein geistlicher Sturm. Es wird der letzte, äusserste Ansturm des Bösen gegen den Sohn Gottes sein.
Predigt bei der Eucharistiefeier in San Giovanni Rotondo, 21. Juni 2009



Seine freie Wahl
Das radikale und wahre Teilen unserer Natur, ein Teilen in allem ausser der Sünde, führte ihn bis an jene Grenze, die das Zeichen unserer Endlichkeit ist, nämlich den Tod. Aber das alles war nicht das Ergebnis eines dunklen Mechanismus oder eines blinden Schicksals: Es war vielmehr seine freie Wahl durch die grossherzige Zustimmung zum Heilsplan des Vaters. Und der Tod, dem er entgegenging - fügt Paulus hinzu - war der Tod am Kreuz, der erniedrigendste und entwürdigendste, den man sich überhaupt vorstellen kann. All das hat der Herr des Universums aus Liebe zu uns vollbracht.
Generalaudienz, 8. April 2009



Die Sichtbarkeit Gottes wahrnehmen
Es gibt eine gewisse Sichtbarkeit Gottes in der Welt, und der Kirche, die wir wahrzunehmen lernen müssen. Gott hat den Menschen nach seinem Bild geschaffen, aber dieses Bild ist von soviel Schmutz der Sünde bedeckt worden, infolge dessen Gott gleichsam nicht mehr durchschien. So ist der Sohn Gottes wahrer Mensch geworden, vollkommenes Bild Gottes. In Christus können wir so auch das Antlitz Gottes betrachten und lernen, selbst wahre Menschen zu sein, wahre Bilder Gottes.
Generalaudienz, 29. April 2009



Gott hat ein sichtbares Menschenantlitz
Es gibt etwas Neues in der Welt - die einzige wirklich Neuigkeit -, dass Gott ein Mensch geworden ist, dass er Materie an sich genommen hat und ein sichtbares Menschenantlitz hatte. Und so ist wirklich Neues geschehen, das dann bedeutet, dass nun im Gesicht Christi und in den Gesichtern der Heiligen uns Gott begegnet und auch abgebildet werden kann. Gott hat der Materie einen neuen Rang gegeben, indem er selbst Leib geworden ist. Durch die Inkarnation wohnt er im Leiblichen und kann so auch im Leiblichen und Sichtbaren verehrt werden.



Der höchste Würdetitel: Sohn Gottes
Wir dürfen nicht vergessen, dass der höchste Würdetitel Jesu Christi der des "Sohnes" ist, Sohn Gottes; die göttliche Würde wird mit einem Wort benannt, das sich dauerhaft bezieht auf das demütige Kindsein in der Krippe von Betlehem. Doch steht das Kindsein in einer einzigartigen Entsprechung zur Göttlichkeit, die die Göttlichkeit des "Sohnes" ist.
Generalaudienz, 23. Dezember 2009



Dein Wille geschehe
Der Primat Gottes: Wir sehen im "Vater Unser", dass die ersten drei Bitten sich auf diesen Primat Gottes Beziehen: dass der Name Gottes geheiligt werde, dass die Achtung des göttlichen Geheimnisses lebendig sei und unser ganzes Leben beseele; dass "das Reich Gottes komme" und "sein Wille geschehe", sind zwei verschiedene Seiten derselben Medaille; wo der Wille Gottes getan wird, da ist bereits der Himmel, beginnt auch auf Erden ein bisschen Himmel, und wo der Wille Gottes getan wird, ist das Reich Gottes gegenwärtig. Denn das Reich Gottes ist nicht eine Reihe von Dingen, das Reich Gottes ist die Gegenwart Gottes, die Vereinigung des Menschen mit Gott. Und zu diesem Ziel will Jesus uns führen.
Predigt in der Pfarrkirche "Sant’ Anna" im Vatikan, 5. Februar 2006



Sein Blick...
Auch heute ist Jesus bewegt und schaut auf die Menschen und Völker. Er schaut sie an im Bewusstsein, dass der göttliche "Plan" sie zum Heile ruft. Jesus kennt die Hindernisse, die diesem Plan entgegenstehen, und hat mit den Vielen Mitleid: Er ist entschlossen, sie vor den Wölfen zu verteidigen selbst um den Preis seines Lebens. Mit solchem "Blick" umfasst Jesus die einzelnen wie die Vielen und vertraut alle dem Vater an, indem er sich selbst als Sühneopfer hingibt.
Botschaft zur Fastenzeit, 29. September 2005



Christus selber kommt
Durch den apostolischen Dienst ist es also Christus selbst, der zu dem kommt, der zum Glauben berufen ist. Der Abstand der Jahrhunderte ist überwunden, und der Auferstandene bringt sich, lebendig und wirksam, für uns im Heute der Kirche und der Welt dar. Das ist unsere grosse Freude. Im lebendigen Fluss der Tradition ist Christus nicht zweitausend Jahre entfernt, sondern wirklich unter uns gegenwärtig und schenkt uns die Wahrheit, schenkt uns das Licht, das uns leben und den Weg in die Zukunft finden lässt.
Generalaudienz, 3. Mai 2006



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Die Schönheit
In Christus treffen die Schönheit der Wahrheit und die Schönheit der Liebe aufeinander; aber die Liebe schliesst bekanntlich auch die Bereitschaft zum Leiden ein, eine Bereitschaft, die bis zur Hingabe des Lebens für diejenigen, die man liebt, gehen kann (vgl. Joh 15,13)! Christus, der "die Schönheit aller Schönheit" ist, wie der hl. Bonaventura zu sagen pflegte (Sermones dominicales 1,7), wird im Herzen des Menschen gegenwärtig und zieht ihn zu seiner Berufung, die die Liebe ist. Durch diese ausserordentliche Anziehungskraft wird die Vernunft aus ihrer Trägheit geweckt und für das Geheimnis geöffnet. So offenbart sich die erhabene Schönheit der barmherzigen Liebe Gottes und zugleich die Schönheit des nach dem Abbild Gottes geschaffenen Menschen, der von der Gnade erneuert wird und zur ewigen Herrlichkeit bestimmt ist.
Botschaft an den II. Weltkongress der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften, 22. Mai 2006



Christus und die Kirche
In der Menschwerdung des Sohnes Gottes erkennen wir die Anfänge der Kirche. Alles kommt von dort her. Jede geschichtliche Verwirklichung der Kirche und auch jede ihrer Institutionen muss sich zurückbesinnen auf Christus, fleischgewordenes Wort Gottes. Er ist es, den wir immer feiern: der Immanuel, der Gott-mit-uns, durch den sich der Heilswille des Vaters erfüllt hat.
Predigt am Hochfest der Verkündigung des Herrn, 25. März 2006



Gegenwart
Auf unserem Lebensweg sind wir uns vielleicht nicht immer der Gegenwart Jesu bewusst. Aber gerade diese lebendige und treue Gegenwart, die Gegenwart im Werk der Schöpfung, die Gegenwart im Wort Gottes und in der Eucharistie, in der Gemeinschaft der Gläubigen und in jedem vom kostbaren Blut Christi erlösten Menschen, diese Gegenwart ist die unerschöpfliche Quelle der menschlichen Kraft. Jesus von Nazareth, Gott, der Mansch geworden ist, ist an unserer Seite in guten wie in schlimmen Stunden und dürstet nach dieser Bindung, die in Wirklichkeit das Fundament wahren Menschseins ist. In der Offenbarung lesen wir folgende bedeutsame Worte: "Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir" (Offb 3,20).
Ansprache bei der Begegnung mit den Jugendlichen in Krakau, 27. Mai 2006



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Blick in sein Inneres
In Jesus Christus ist Gott Mensch geworden und hat uns sozusagen gestattet, einen Blick in das Innere Gottes zu werfen. Und dort sehen wir etwas völlig Unerwartetes: In Gott gibt es ein Ich und ein Du. Der geheimnisvolle Gott ist keine unendliche Einsamkeit; er ist ein Ereignis der Liebe. Wenn wir beim Anblick der Schöpfung glauben, den Schöpfergeist, Gott selbst, erahnen zu können, beinahe als schöpferische Mathematik, als Macht, die die Gesetze der Welt und ihre Ordnung formt und dann wiederum auch als Schönheit – dann erfahren wir jetzt: Der Schöpfergeist hat ein Herz. Er ist die Liebe. Es gibt den Sohn, der mit dem Vater spricht. Und beide sind eins im Geist, der sozusagen die Atmosphäre des Schenkens und des Liebens ist, das aus ihnen einen einzigen Gott macht. Diese Einheit der Liebe, die Gott ist, ist eine viel erhabenere Einheit als es die Einheit eines kleinsten nicht mehr teilbaren Teilchens sein könnte. Gerade der dreieinige Gott ist der einzige eine Gott.
Predigt bei der Pfingstvigil, 3. Juni 2006



Das Gebet Jesu ist die Grenze für die Macht des Bösen
Er [Jesus] sagt, dass der Satan verlangt hat, die Jünger wie Weizen sieben zu dürfen. Das ruft uns den Abschnitt aus dem Buch Hiob ins Gedächtnis, in dem der Satan von Gott die Erlaubnis fordert, Hiob Schaden zuzufügen. Der Teufel – der Verleumder Gottes und der Menschen – will dadurch beweisen, dass es keine wahre Frömmigkeit gibt, sondern dass im Menschen alles immer und ausschliesslich auf den Nutzen ausgerichtet ist. Im Falle des Hiob gesteht Gott dem Satan die verlangte Freiheit zu, um gerade so sein Geschöpf, den Menschen, und sich selbst verteidigen zu können. Und so geschieht es auch mit den Jüngern Jesu – Gott gibt zu allen Zeiten dem Satan eine gewisse Freiheit. Uns erscheint es oft, als liesse Gott dem Satan zuviel Freiheit, als gäbe er ihm die Befugnis, uns in einer Weise zu erschüttern, die zu schrecklich ist, und dies scheint unsere Kräfte zu übersteigen und uns zu sehr zu belasten. Immer wieder werden wir zu Gott schreien: O weh, sieh das Elend deiner Jünger an, ach, beschütze uns! Jesus fährt in der Tat fort: "Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt" (Lk 22,32). Das Gebet Jesu ist die Grenze, die der Macht des Bösen gesetzt wird. Das Beten Jesu ist der Schutz der Kirche.
Predigt am Hochfest Peter und Paul, 29. Juni 2006



Komm, Herr Jesus
Johannes, der "Seher von Patmos", kann sein Buch mit einem letzte Wunsch sehnsuchtsvoller Erwartung schliessen. Er erfleht das endgültige Kommen des Herrn: "Komm, Herr Jesus!" (Offb 22.20). Es ist eines der wichtigsten Gebete der frühen Christenheit, das vom hl. Paulus auch in seiner aramäischen Form überliefert wurde: "Marana tha". Und dieses Gebet – "Unser Herr, komm!" (Kor 26,22) – hat verschiedene Dimensionen. Natürlich ist es vor allem die Erwartung des endgültigen Sieges des Herrn, des neuen Jerusalem, des Herrn, der kommt und die Welt verwandelt. Aber zugleich ist es auch ein eucharistisches Gebet: "Komm Jesus, komm jetzt!" Und Jesus kommt, nimmt sein endgültiges Kommen vorweg. So sagen wir voll Freude zugleich: "Komm jetzt und komm in endgültiger Weise!" Dieses Gebet hat noch eine dritte Bedeutung: "Du bist schon gekommen, Herr! Wir sind uns deiner Gegenwart unter uns sicher. Sie ist unsere freudige Erfahrung. Aber komme endgültig!" Und so beten wir mit dem hl. Paulus, mit dem "Seher vom Patmos" und mit der frühen Christenheit: "Komm, Herr Jesus! Komm und verwandle die Welt! Komm schon heute, und es siege der Frieden!" Amen!
Generalaudienz, 23. August 2006



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Ein Weg sein, um zu IHM zu führen
Kurz vor dem Leiden Jesu, traten einige Griechen, die sich zum Paschafest im Jerusalem aufhielten, "an Philippus heran ... und sagten zu ihm: Herr, wir möchten Jesus sehen. Philippus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus" (Joh 12,20-22). [...] Vor allem tritt er in diesem Fall als Vermittler zwischen der Anfrage einiger Griechen – wahrscheinlich sprach er griechisch und konnte als Übersetzer fungieren – und Jesus auf; auch wenn er sich mit Andreas, dem anderen Apostel mit einem griechischen Namen, zusammenschliesst, ist dennoch er es, an den jene Fremden sich wenden. Das lehrt uns, dass auch wir immer bereit sein müssen, einerseits Fragen und Bitten, von welcher Seite sie auch kommen mögen, anzunehmen und sie andererseits an den Herrn zu richten, den einzigen, der sie ganz erfüllen kann. Es ist nämlich wichtig zu wissen, dass nicht wir die eigentlichen Adressaten der Bitten derer sind, die an uns herantreten, sondern der Herr: Zu ihm müssen wir jeden hinführen, der sich in Not befindet; jeder von uns muss ein Weg sein, der zu ihm führt!
Generalaudienz, 6. September 2006



Bundeslade
Der "Gesalbte" ist Christus. Christus, der Sohn Gottes selbst, ist Mensch geworden. Und die Bundeslade, die wahre Wohnung Gottes in der Welt, nicht aus Holz, sondern aus Fleisch und Blut, ist die Gottesmutter, die sich mit dem Herrn als Bundeslade anbietet und lädt uns ein, ebenfalls lebendige Wohnung Gottes in der Welt zu sein.
Generalaudienz, 14. September 2005



Seine Rache ist die Güte
Die Welt braucht Gott. Wir brauchen Gott. Welchen Gott brauchen wir? In der Esten Lesung sagt der Prophet zu einem unterdrückten Volk: " Die Rache Gottes wird kommen" (vgl. Jes. 35,4). Wir können uns gut ausdenken, wie die Menschen sich das vorgestellt haben. Aber der Prophet selber sagt dann, worin diese Rache besteht, nämlich in der heilenden Güte Gottes. Und die endgültige Auslegung des Prophetenwortes finden wir in dem, der für uns am Kreuz gestorben ist – in Jesus, dem menschgewordenen Sohn Gottes, der uns hier so eindringlich anschaut. Seine "Rache" ist das Kreuz: das Nein zur Gewalt, die "Liebe bis zum Ende". Diesen Gott brauchen wir. Wir verletzen nicht den Respekt vor anderen Religionen und Kulturen, wir verletzen nicht die Ehrfurcht vor ihrem Glauben, wenn wir uns laut und eindeutig zu dem Gott bekennen, der der Gewalt sein Leiden entgegengestellt hat; der dem Bösen und seiner Macht gegenüber als Grenzen und Überwindung sein Erbarmen aufrichtet, Ihn bitten wir, dass er unter uns sei und dass er uns helfe, ihm glaubwürdige Zeugen zu sein. Amen.
Predigt auf dem Gelände "Neue Messe", München, 10. September 2006



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Sein Zelt unter uns
Das Wort ist Fleisch geworden und hat sein Zelt unter uns aufgeschlagen (Joh 1,14). Gott ist nicht weit weg von uns, irgendwo im fernen Weltraum, wo niemand hinkommen kann. Er hat sein Zelt aufgeschlagen bei uns: In Jesus ist er einer von uns geworden, mit Leib und Blut wie wir. Das ist sein Zelt. Und er ist bei der Himmelfahrt nicht irgendwohin weit weggegangen. Sein Zelt, er selbst mit seinem Leib als einer von uns bleibt bei uns. Wir können du zu ihm sagen, mit ihm reden. Er hört auf uns, und wenn wir aufmerksam sind, hören wir auch, dass er Antworten gibt.
Ansprache bei der Vesper in München, 10. September 2006



Das menschliche Antlitz Gottes
Heute, wo wir die Pathologien und die lebensgefährlichen Erkrankungen der Religion und der Vernunft sehen, die Zerstörungen des Gottesbildes durch Hass und Fanatismus, ist es wichtig, klar zu sagen, welchem Gott wir glauben und zu diesem menschlichem Antlitz Gottes zu stehen. Erst das erlöst uns von der Gottesangst, aus der letztlich der modernen Atheismus geboren wurde. Erst dieser Gott erlöst uns von der Weltangst und von der Furcht vor der Leere des eigenen Daseins. Erst durch das Hinschauen auf Jesus Christus wird die Freude an Gott voll, wird zur erlösten Freude.
Predigt bei der Eucharistiefeier in Regensburg, 12. September 2006



Er bezeugt die Wahrheit, dass Gott Liebe ist
Was aber ist die "Wahrheit", die Christus in der Welt zu bezeugen gekommen ist? Seine gesamte Existenz offenbart, dass Gott Liebe ist: Das also ist die Wahrheit, für die er mit dem Opfer seines eigenen Lebens auf Golgota ein vollkommenes Zeugnis abgelegt hat. Das Kreuz ist der "Thron", von dem aus er das erhabenen Königtum Gottes, der die Liebe ist, offenbart hat: durch seine Selbsthingabe zur Sühne der Sünden der Welt hat er die Macht des "Herrschers dieser Welt" (vgl. Joh 12,31) besiegt und hat endgültig das Reich Gottes errichtet. Dieses Reich wird sich am Ende der Zeiten in seiner ganzen Fülle offenbaren, nachdem alle Feinde, und zuletzt auch der Tod, unterworfen sein werden (vgl. 1 Kor 15,25-26). Dann wird der Sohn das Reich dem Vater übergeben, und schliesslich wird Gott "alles und in allem" (1 Kor 15,28) sein. Der Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist lang und erlaubt keine Abkürzungen, denn jeder Mensch muss die Wahrheit der Liebe Gottes aus freiem Willen annehmen. Er ist Liebe und Wahrheit, und weder die Liebe noch die Wahrheit drängen sich je auf: Sie klopfen an die Tür des Herzens und des Verstandes, und dort, wo sie eintreten dürfen, bringen sie Frieden und Freude. Das ist Gottes Art zu herrschen; das ist sein Heilsplan, ein "Geheimnis" im biblischen Sinne des Wortes, das heisst ein Plan, der sich nach und nach in der Geschichte offenbart.
Angelus, 26. November 2006



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Gegengewicht
Mir scheint, wir müssen tiefer gehen, wir müssen zum Herrn selber gelangen, der die Wiedergutmachung für die Sünde der Welt angeboten hat, und wieder gutzumachen versuchen, das heisst, einen Ausgleich herstellen zwischen dem Mehr an Bösem und dem Mehr an Gutem. So dürfen wir in der Waage der Welt nicht dem Negativen dieses grosse Übergewicht belassen, sondern müssen dem Guten ein mindestens gleiches Gewicht geben. Dieser Grundgedanke stützt sich auf alles, was Christus getan hat. Das ist, soweit ich es zu verstehen vermag, der Sinn des eucharistischen Opfers. Diesem grossen Gewicht des Bösen, das es in der Welt gibt und das die Welt nach unten zieht, setzt der Herr ein anderes grösseres Gewicht entgegen, das Gewicht der unendlichen Liebe, die in diese Welt eintritt. Das ist der entscheidende Punkt: Gott ist immer das absolute Gute, aber gerade dieses absolute Gute tritt in das Spiel der Geschichte ein; Christus wird hier gegenwärtig und erleidet das Böse bis zum Ende; auf diese Weise schafft er ein Gegengewicht von absolutem Wert. Das Mehr an Bösem, das es immer gibt, wenn wir die Proportionen nur empirisch sehen, wird vom unermesslichen Mehr des Guten, des Leidens des Gottessohnes überwunden.
Begegnung mit den Priestern der Diözese Rom, 22. Februar 2007



Das Mehr des Herrn
Wenn wir das Gewicht des Bösen in der Welt sehen, das ständig wächst, das in der Geschichte absolut die Oberhand zu haben scheint, könnte man – wie der hl. Augustinus in einer Meditation sagt – schier verzweifeln. Doch wir sehen, dass es ein noch grösseres Mehr in der Tatsache gibt, dass Gott selbst in die Geschichte eingetreten ist, an der Geschichte teilgehabt und gelitten hat bis ans Ende. Das ist der Sinn der Wiedergutmachung. Dieses Mehr des Herrn ist für uns ein Aufruf dazu uns auf seine Seite zu stellen, auch mit unserer Schwachheit einzutreten in dieses grosse Mehr an Liebe und es gegenwärtig zu machen. Wir wissen, dass dieses Mehr auch für uns nötig war, denn auch in unserem Leben gibt es das Böse. Wir alle leben dank des Mehr des Herrn. Aber er macht uns dieses Geschenk, damit wir, wie der Brief an die Kolosser sagt, an seinem Überfluss teilhaben und – sagen wir – diesem Überfluss konkret in unserer geschichtlichen Situation noch weiter vermehren können.
Begegnung mit den Priester der Diözese Rom, 22. Februar 2007



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Der Vater ist nicht grausam
Er [der hl. Gregor von Nazianz] sagt: Der Vater wollte nicht das Blut des Sohnes, der Vater ist nicht grausam, man muss das nicht dem Willen des Vaters zuschreiben; aber die Geschichte wollte es so, die Notwendigkeiten und Missverhältnisse der Geschichte wollten es; man musste in diese Missverhältnisse eintreten und hier das wahre Gleichgewicht wieder herstellen. Das ist sehr einleuchtend. Aber mir scheint, wir verfügen noch nicht hinreichend über die Sprache, um diese Tatsache uns und dann auch den anderen verständlich zu machen. Man muss nicht einem grausamen Gott das Blut Gottes darbringen, sondern Gott selber muss mit seiner Liebe in die Leiden der Geschichte eintreten, um nicht nur ein Gleichgewicht zu schaffen, sondern ein Mehr an Liebe, das stärker ist als das Übergewicht an Bösem, das es gibt. Dazu lädt uns der Herr ein.
Begegnung mit den Priestern der Diözese Rom, 22. Februar 2007



Der letzte Akt der Liebe
Jesus, der in die Totenwelt hineintritt, trägt die Wundmale: Seine Verwundung, sein Leiden ist Macht geworden, ist Liebe, die den Tod überwindet. Er begegnet Adam und allen in der Nacht des Todes wartenden Menschen. Man glaubt bei ihrem Anblick förmlich, das Gebet des Jona zu hören: " Aus der Tiefe der Unterwelt schrie ich um Hilfe, und du hörtest meinen Ruf" (2,3). Der Sohn Gottes hat sich in der Inkarnation mit dem Wesen Mensch – mit Adam geeint. Aber erst in dem Augenblick, in dem er den letzten Akt der Liebe vollzieht und absteigt in die Nacht des Todes, vollendet er den Weg der Inkarnation. Durch sein Sterben nimmt er Adam, nimmt er die wartenden Menschen an die Hand und führt sie ans Licht.
Predigt in der Feier der Osternacht, 7. April 2007



Nichts Verkürztes akzeptieren
Immer öfter müssen sich die Christen unserer Zeit der Tendenz entgegenstellen, ein verkürztes Christusbild zu akzeptieren, in dem Christus als aussergewöhnlicher Mensch bewundert, aber im tiefen Geheimnis seiner Gottheit abgelehnt wird. Auch Franziskus erfährt eine Art Verkürzung, wenn man ihn als Zeugen für Werte heranzieht, die gewiss wichtig sind und von der heutigen Kultur geschätzt werden, dabei aber vergisst, dass die tiefste Entscheidung – man kann sagen das Herzstück seines Lebens – die Entscheidung für Christus war.
Ansprache bei Begegnung mit dem Klerus und den Ordensleuten in Assisi, 17. Juni 2007



Der Herr klopft an!
Der Herr steht an der Tür - an der Tür der Welt und an der Tür jedes einzelnen Herzens. Er klopft an, um eingelassen zu werden: die Menschwerdung Gottes, sein Fleischwerden soll bis ans Ende der Zeiten andauern. Alle sollen in Christus in einem einzigen Leib vereint werden: Das sagen uns die grossen Christushymen im Epheserbrief und im Kolosserbrief. Christus klopft an. Auch heute braucht er Menschen, die ihm sozusagen ihren Leib zur Verfügung stellen, die ihm die Materie der Welt und ihres Lebens schenken und auf diese Weise der Vereinigung zwischen Gott und der Welt, der Versöhnung des Universums dienen.
Predigt bei der Weihe von neuernannten Bischöfen, 29. September 2007



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Ein zentrales Heilsgeheimnis
"Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt." Der Sohn Gottes von Ewigkeit ist in die Zeit eingetreten und Sohn Marias, ein Menschenkind, geworden. Uns in unserer Zeit fällt es zuweilen schwer, einen Bezug zu diesem zentralen Heilsgeheimnis zu finden. Aber die Welt ist finster, wenn es nicht den gibt, der sie zusammenhält und der uns den Weg zeigt. Und deswegen dürfen und müssen wir uns von innen her auch gerade heute freuen, dass er da ist, dass Gott in unserer Mitte ist und dass wir sein Angesicht kennen, in dem Kind von Betlehem wissen, wohin das Leben führt und wie es zu leben ist. Und deswegen ist es auch wichtig, dass wir selber von dem Glauben uns erfüllen lassen und auch anderen davon Zeugnis geben, sein Licht in dieser Welt präsent halten.
Generalaudienz, 19. Dezember 2007



Das Beten Christi
Das Beten Christi erreicht seinen Höhepunkt am Kreuz, als er die letzen Worte spricht, die die Evangelisten aufgezeichnet haben. Dort, wo er verzweifelt ruft: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mt 27,46; Mk 15,34; vgl. Ps 22,1), macht sich Jesus in Wirklichkeit die Bitte dessen zu eigen, der von den Feinden umringt ist und niemanden ausser Gott hat, an den er sich wenden kann, und der jenseits aller menschlichen Möglichkeiten die göttliche Gnade und Rettung erfährt.
Predigt bei Aschermittwochsliturgie, 6. Februar 2008



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Die Freundschaft mit Jesus Christus lehren
Wie findet man Gott, wie soll man Gott wählen. Hier kommen wir zum Evangelium: Gott ist kein Unbekannter, keine Hypothese - vielleicht über den ersten Anfang des Kosmos. Gott hat Fleisch und Blut. Er ist einer von uns. Wir kennen sein Angesicht, seinen Namen. Er ist Jesus Christus, der im Evangelium zu uns spricht. Er ist Mensch und Gott. Und weil er Gott ist, hat er den Menschen gewählt, damit wir Gott wählen können. Man muss also Jesus kennenlernen und dann mit ihm Freundschaft schliessen, um mit ihm zu gehen. Mir scheint, dass dies der grundlegende Punkt unserer Seelsorge für die Jugendlichen ist, für alle, aber besonders für die Jugendlichen: Die Aufmerksamkeit muss auf die Entscheidung für Gott gelenkt werden, der das Leben ist - auf die Tatsache, dass Gott da ist und dass er auf sehr konkrete Weise da ist. Und man muss die Freundschaft mit Jesus Christus lehren.
Audienz für die Pfarrer und den Klerus der Diözese Rom, 7. Februar 2008



Am brechen des Brotes erkannten sie ihn
Der Herr ist im ganzen Kirchenjahr, besonders aber in der Karwoche und in der Osterwoche mit uns unterwegs und erklärt uns die Schrift, lässt uns dieses Geheimnis begreifen: alles spricht von ihm und das sollte auch unsere Herzen brennen lassen, so dass auch uns die Augen aufgehen können. Der Herr ist bei uns, er zeigt uns den wahren Weg. Wie die beiden Jünger Jesus am Brotbrechen erkannten, so erkennen auch wir beim Brechen des Brotes seine Gegenwart. Die Emmausjünger erkannten ihn wieder und erinnerten sich an Momente, wo Jesus das Brot gebrochen hatte. Und dieses Brotbrechen lässt uns an die erste Eucharistie denken, die im Rahmen des Letzten Abendmahls gefeiert wurde, wo Jesus das Brot brach und so seinen Tod und seine Auferstehung vorwegnahm, indem er sich selbst den Jüngern hingab.
Jesus bricht das Brot auch mit uns und für uns, er wird in der Heiligen Eucharistie bei uns gegenwärtig, er gibt sich uns hin und öffnet unsere Herzen. In der Heiligen Eucharistie, in der Begegnung mit seinem Wort, können an diesem doppelten Tisch des Wortes und des konsekrierten Brotes und Weines auch wir Jesus begegnen und erkennen. Jeden Sonntag erlebt die Gemeinde so wieder das Ostern des Herrn und nimmt vom Heiland sein Testament der Liebe und des brüderlichen Dienstes entgegen
Generalaudienz, 26. März 2008



Eine neue Weise des Seins
Es ist nicht so, als ob Jesus nach einem kurzen Besuch auf der Welt nun einfach wieder weggehen und zum Vater zurückkehren würde. Das Hinübergehen ist eine Verwandlung. Er nimmt sein Fleisch, sein Menschsein mit. Im Kreuz, in der Hingabe seiner selbst wird er umgeschmolzen in eine neue Weise des Seins, in der er nun immer zugleich beim Vater und bei den Menschen ist. Das Kreuz, den Akt der Tötung wandelt er um in einen Akt der Hingabe, der Liebe bis ans Ende.
Predigt in der Messe "in Coena Domini" am Gründonnerstag, 20. März 2008



Jesu Heimkehr zum Vater
In seiner Abschiedsrede an die Jünger stellt Jesus nachdrücklich die Wichtigkeit seiner "Heimkehr zum Vater" heraus, die Krönung seiner ganzen Sendung: er ist nämlich in die Welt gekommen, um den Menschen zu Gott zurückzubringen, nicht auf einer ideellen Ebene - als Philosoph oder Weisheitslehrer -, sondern ganz konkret als Hirt, der die Schafe zurück in ihren Stall führen will. Diesen "Auszug" hin zur himmlischen Heimat, den Jesus im eigenen Leib erlebt hat, hat er allein für uns auf sich genommen. Für uns ist er vom Himmel herabgestiegen, und für uns fuhr er zu ihm auf, nachdem er dem Menschen, erniedrigt bis zum Tod am Kreuze, ganz gleich geworden war und den Abgrund der grössten Gottesferne berührt hatte.
bild Gerade aus diesem Grund hat Gott an ihm gefallen gefunden und "ihn über alle erhöht" (Phil 2,9), wobei er ihm die Fülle seiner Herrlichkeit wiedererstattet, jetzt aber zusammen mit unserem Menschsein. Gott im Menschen - der Mensch in Gott: das ist nunmehr keine theoretische, sondern eine konkrete Wahrheit. Daher ist die christliche Hoffnung, die in Christus gründet, keine Illusion, sondern, wie der Brief an die Hebräer sagt: "in ihr haben wir einen sicheren und festen Anker der Seele" (Hebr 6,19), einen Anker, der in den Himmel eindringt, wohin Christus uns vorangegangen ist.
Angelus, 4. Mai 2008



Die Fruchtbarkeit der Liebe erkennen
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht" (Joh 12,24). So kündigt der Evangelist Johannes die Verherrlichung Christi durch das Geheimnis seines Todes am Kreuz an. Gerade in der Osterzeit nehmen diese Worte im Licht des Wunders der Auferstehung eine noch tiefere und einprägsamere Bedeutung an. Auch wenn man in ihnen eine gewisse Trauer Jesu wegen der bevorstehenden Trennung von seinen Jüngern spürt, so ist es auch wahr, dass er auf das Geheimnis des Sieges über die Macht des Todes hinweist. Der Tod hat nicht das letzte Wort, er ist nicht das Ende von allem, sondern kann, da er durch das Kreuzesopfer erlöst wurde, nunmehr der Übergang zur Freude ohne Ende sein. Jesus sagt: "Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben (Joh 12,25). Wenn wir also akzeptieren, für unseren Egoismus tot zu sein, wenn wir es ablehnen, uns in uns selbst zu verschliessen, und bereit sind, unser Leben Gott und den Brüdern hinzugeben, werden auch wir die reiche Fruchtbarkeit der Liebe erkennen können. Und die Liebe stirbt nicht.
Predigt beim Requiem für den verstorbenen Kardinal Alfonso López Trujillo, 23. April 2008



Das Drama unserer Erlösung
In diesem Drama der Agonie Jesu, der Todesangst, des Gegensatzes zwischen dem menschlichen Willen, nicht zu sterben, und dem göttlichen Willen, der sich dem Tod ausliefert, in diesem Drama von Getsemani verwirklicht sich das ganze menschliche Drama, des Drama unserer Erlösung.
Generalaudienz, 25. Juni 2008



Christus hatte einen menschlichen Willen
Maximus [hl. Maximus "Confessor"] akzeptierte keinerlei Verkürzung der menschlichen Natur Christi. Es war die Theorie entstanden, nach welcher es in Christus nur einen Willen, nämlich den göttlichen, gäbe. Um die Einzigkeit seiner Person zu verteidigen, leugnete man einen richtiggehenden menschlichen Willen in ihm. Und auf den ersten Blick könnte es auch als Gut erscheinen, dass Christus nur einen Willen hat. Aber der Hl. Maximus verstand sogleich, dass dies das Geheimnis der Erlösung zerstören würde, weil eine willenlose Menschheit, ein Mensch, der keinen Willen hat, kein wahrer Mensch ist, sonder ein amputierter Mensch. Somit wäre der Mensch Jesus Christus kein wirklicher Mensch gewesen, er hätte nicht das Drama des Menschseins erlebt, das ja gerade in der Schwierigkeit besteht, unseren Willen an die Wahrheit des Seins anzugleichen.
Generalaudienz, 25. Juni 2008



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Dem Willen des Vaters gehorchen
Petrus ist nach menschlicher Logik davon überzeugt, dass Gott es seinem Sohn nie erlauben würde, seine Sendung durch den Tod am Kreuz zu beenden. Indessen weiss Jesus, dass ihn der Vater in seiner unendlichen Liebe zu den Menschen gesandt hat, um das Leben für sie hinzugeben, und dass es recht ist, dass es so geschieht, auch wenn dies das Leiden und das Kreuz mit sich bringt. Andererseits weiss er auch, dass das letzte Wort die Auferstehung sein wird. Obwohl der Protest des Petrus in gutem Glauben und wahrer Liebe zum Meister vorgebracht wurde, klingt er für Jesus wie eine Versuchung, eine Aufforderung, sich selbst zu retten, während er nur dadurch, dass er sein Leben verliert, dieses als neues und ewiges Leben für uns alle empfangen wird.
Angelus, 31. August 2008



Die Schwere unserer Krankheit forderte Sein ganzes Blut
Wenn der Sohn Gottes leiden und am Kreuz sterben musste, um uns zu retten, so geschah dies gewiss nicht in Folge eines grausamen Planes des himmlischen Vaters. Der Grund dafür ist die Schwere der Krankheit, von der er uns heilen musste. Ein so ernsthaftes und tödliches Übel, dass es sein ganzes Blut erforderte. Denn mit seinem Tod und seiner Auferstehung hat Jesus die Sünde und den Tod besiegt und so die Herrschaft Gottes wiederhergestellt. Aber der Kampf ist noch nicht ausgestanden: das Böse existiert und leistet Widerstand in jedem Menschenalter, auch in unseren Tagen. Was sonst sind die Schrecken des Krieges, die Gewalttätigkeiten gegen die Unschuldigen, das Elend und die Ungerechtigkeit, welche die Schwachen plagen, als der Widerstreit des Bösen gegen Gottes Reich? Und wie sollte man auf so viel Bosheit anders antworten, als mit der Liebe, die den Hass besiegt, des Lebens, das den Tod nicht fürchtet? Dies ist dieselbe geheimnisvolle Kraft, die Jesus anwandte, zum Preis dafür, nicht verstanden und von vielen der Seinen verlassen zu werden.
Angelus, 31. August 2008



"Abba - Vater"
Auf dem Ölberg, im Augenblick der äussersten Angst Jesu (vgl. Mk 14,36), hatten die Jünger, bevor sie einschliefen, gehört, wie er mit dem Vater sprach und ihn "Abba - Vater" nannte. Das ist ein sehr vertrauliches Wort, das unserem "Papa" gleichkommt und nur von Kindern in Verbundenheit mit ihrem Vater gebraucht wird. Bis zu jenem Augeblick war es undenkbar, dass ein Jude ein derartiges Wort benutzte, um sich an Gott zu wenden: aber Jesus - da er ja der wahre Sohn Gottes ist - spricht in dieser Stunde der Vertrautheit so und sagt: "Abba, Vater."
In den Briefen des hl. Paulus an die Römer und an die Galater taucht dieses Wort "Abba", das die Ausschliesslichkeit der Sohnschaft Jesu zum Ausdruck bringt, überraschenderweise aus dem Munde der Getauften auf (vgl. Röm 8,15; Gal 4,6), da sie den "Geist des Sohnes" empfangen haben und jetzt diesen Geist in sich tragen und sprechen können wie Jesus und mit Jesus als wahre Kinder zu ihrem Vater "Abba" sagen können, weil sie Kinder im Sohn geworden sind.
Generalaudienz, 8. Oktober 2008