Wort Gottes
Die Schätze die Jesus uns hinterlassen hat
[Im Evangelium] ist die Rede von "einem Mann, der auf Reise ging: er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an" (Mt 25,14). Der Mann aus dem Gleichnis steht für Christus selbst, die Diener sind die Jünger und die Talente sind die Gaben, die Jesus ihnen anvertraut. Deshalb versinnbildlichen diese Gaben über die natürlichen Qualitäten hinaus die Schätze, die Jesus, der Herr, uns als Erbe hinterlassen hat, damit wir sie Frucht tragen lassen: Sein Wort, das im heiligen Evangelium bewahrt ist, die Taufe, die uns im Heiligen Geist erneuert; das Gebet - das "Vaterunser" -, das wir als im Sohn geeinte Kinder zu Gott erheben; seine Vergebung, die wir, wie er uns aufgetragen hat, allen bringen sollen; das Sakrament seines aufgeopferten Leibes und seines vergossenen Blutes. Mit einem Wort: das mitten unter uns gegenwärtige und lebendige Reich Gottes, das er selbst ist, dass ist der Schatz, den Jesus seinen Freunden am Ende seines kurzen Daseins auf Erden anvertraut hat.
Angelus, 16. November 2008
Das Gleichnis vom Weltgericht
Das heutige Evangelium betont gerade das universale Königtum Christi, des Richters, mit dem wunderbaren Gleichnis vom Weltgericht, das der hl. Matthäus unmittelbar vor dem Bericht über die Passion gestellt hat. (25,3-46). Die Bilder sind einfach, die Sprache volksnah, doch die Botschaft ist äusserst wichtig: sie besteht in der Wahrheit über unser letztes Schicksal und über den Massstab, nach dem über uns geurteilt werden wird. "Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen" (Mt25,35) und so fort. Wer kennt diesen Abschnitt nicht? Er ist Teil unserer Zivilisation. Er hat die Geschichte der Völker christlicher Kultur gezeichnet: die Hierarchie der Werte, die Institutionen, die vielfältigen wohltätigen und sozialen Werke. In der Tat, das Reich Christi ist nicht von dieser Welt, es bringt aber alles Gute zur Erfüllung, das - Gott sei Dank - im Menschen und in der Geschichte vorhanden ist. Wenn wir dem Evangelium entsprechend die Liebe zu unserem Nächsten in die Tat umsetzen, so machen wir für die Herrschaft Gottes Platz, und sein Reich verwirklicht sich mitten unter uns. Wenn hingegen jeder nur an seine eigenen Interessen denkt, dann kann die Welt nur zugrunde gehen.
Angelus, 23. November 2008
Ein "sehendes Herz" besitzen
Aus dem fügsamen Hören auf Gottes Wort entsteht die Nächstenliebe und mit ihr der uneigennützige Dienst an den Brüdern. [...] Die kirchliche Gemeinschaft hat bewiesen, dass sie wie der gute Samariter ein grosses "sehendes Herz" besitzt, ein, das den notleidenden Bruder sieht, und ihm durch zahllose Werke und Projekte bereitwillig zu Hilfe eilt. Sie weiss, dass "die Liebe in ihrer Reinheit und Absichtslosigkeit das beste Zeugnis für den Gott ist, dem wir glauben und der uns zur Liebe treibt" (Deus caritas est, 31c). in diesem Sinne ist es sozusagen auch ein "sprechendes Herz", das das Wort in sich trägt, das tief in seinem innern wohnt und auf das sie nicht verzichten kann, auch wenn sie manchmal schweigen muss. Wenn die Brüderlichkeit gegenüber den notleidenden Brüdern uns zu vorzüglichen Jüngern des Meisters macht, so macht uns die besondere Hingabe und Fürsorge für sie zu Missionaren der Liebe.
"Ad-limina"-Besuch der Bischöfe von Bolivien, 10. November 2008
Das jedem eigens zugedachte Wort hören lernen
Da ist schliesslich der Bischofssynode zu gedenken: Bischöfe aus aller Welt waren versammelt um das Wort Gottes herum, das in ihrer Mitte aufgerichtet war; um das Wort Gottes, dessen grosse Bezeugung in der Heiligen Schrift zu finden ist. Was uns im Alltag zu selbstverständlich geworden ist, haben wir neu in seiner Grösse erfasst: dass Gott redet. Dass er antwortet auf unser Fragen. Dass er in Menschenworten doch als er selber spricht und wir ihm zuhören, durch das Zuhören ihn kennen und verstehen lernen können; dass wir aus unserm eigenen Leben heraustreten können in die Weite seines Erbarmens hinein. So wurde uns von neuem klar, dass Gott in diesem seinem Wort zu jedem einzelnen von uns redet, jedem in sein Herz hinein: wenn unser Herz wach wird und sich das innere Gehör öffnet, dann kann jeder das gerade ihm eigens zugedachte Wort hören lernen.
Weihnachtsempfang für die Mitglieder der Römischen Kurie, 22. Dezember 2008
Das Präsens Gottes entdecken
Gerade wenn wir Gott so persönlich, mit jedem einzelnen von uns reden hören, erkennen wir auch, dass sein Wort da ist, damit wir zueinander kommen. Damit wir aus dem bloss Eigenen herausfinden. Dieses Wort hat gemeinsame Geschichte geformt und will es weiter tun. So ist uns von neuem klar geworden, dass wir das Wort - gerade weil es so persönlich ist - nur im Wir der von Gott gestifteten Gemeinschaft recht und ganz verstehen können: immer wissend, dass wir es niemals vollends ausschöpfen, dass es jeder Generation Neues zu sagen hat. Wir haben verstanden, dass die biblischen Schriften gewiss zu ganz bestimmten Zeiten entstanden und so in diesem Sinn zunächst ein Buch aus vergangener Zeit sind. Aber wir haben gesehen, dass ihr Wort nicht in der Vergangenheit bleibt und darin eingeschlossen werden kann: dass Gott letztlich immer im Präsens spricht und dass wir der Bibel erst dann ganz zugehört haben, wenn wir das Präsens Gottes entdecken, das uns jetzt ruft.
Weihnachtsempfang für die Mitglieder der Römischen Kurie, 22. Dezember 2008
Auch heute ist Pfingsten
Es war bedeutend zu erleben, das in der Kirche auch heute Pfingsten ist - das heisst, dass sie in vielen Sprachen redet und dies nicht nur in dem äusseren Sinne, dass alle grossen Sprachen der Welt in ihr vertreten sind, sondern mehr noch in dem tieferen Sinn, dass die vielfältigen Weisen des Erfahrens von Gott und Welt, der Reichtum der Kulturen in ihr gegenwärtig ist und so erst die Weite des Menschseins und von ihr her die Weite von Gottes Wort erscheint. Freilich haben wir auch gelernt, dass Pfingsten noch immer unterwegs, noch immer unerfüllt ist: Noch immer gibt es eine Vielzahl von Sprachen, die noch auf das Wort Gottes in der Bibel warten.
Weihnachtsempfang für die Mitglieder der Römischen Kurie, 22. Dezember 2008
Gott redet in Menschenwort
Wenn der Schöpfergeist sich zunächst in der schweigenden Grösse des Alls, in seiner geistigen Struktur zeigt, so sagt uns der Glaube darüber hinaus das überraschende, dass dieser Geist sozusagen auch in Menschenwort redet, in die Geschichte eingetreten und als geschichtsgestaltende Kraft auch sprechender Geist ist, ja, Wort, das uns in den Schriften des Alten und des neuen Testaments begegnet. Was das für uns bedeutet, hat der heilige Ambrosius in einem Brief wunderbar ausgedrückt: "Auch jetzt ergeht sich Gott im Paradies, während ich die göttlichen Schriften lese" (ep 49,3). Die Schrift lesend können wir gleichsam auch heute im Paradiesesgarten Gottes herumgehen und dem dort wandernden Gott begegnen.
Weihnachtsempfang für die Mitglieder der Römischen Kurie, 22. Dezember 2008
Der Heilige Geist und Wort Gottes gehören zusammen
Die beiden Themen heiligen Geist und Wort Gottes gehören zusammen. Die Schrift lesend lernen wir aber auch, dass Christus und der heilige Geist untrennbar voneinander sind. Wenn Paulus dramatisch zugespitzt sagt: "Der Herr ist der Geist" (2 Kor 3,17), so erscheint nicht nur hintergründig die trinitarische Einheit von Sohn und heiligem Geist, sondern vor allem ihre heilsgeschichtliche Einheit: in der Passion und Auferstehung Christi werden die Schleier der blossen Buchstäblichkeit zerrissen und die Gegenwart des jetzt sprechenden Gottes sichtbar. Die Schrift mit Christus lesend lernen wir, die Stimme des Heiligen Geistes in den Menschenworten zu hören, und entdecken die Einheit der Bibel.
Weihnachtsempfang für die Mitglieder der Römischen Kurie, 22. Dezember 2008
Die Heilige Schrift gut betrachten
Beten wir zum Herrn, dass er uns helfen möge, die Heilige Schrift, sein Wort gut zu betrachten und so zu lernen, wirklich gut zu leben.
Generalaudienz, 14. Januar 2009
Leben wir aus dem Wort Gottes
Die Jünger werden also in Gott hineingezogen, indem sie in das Wort Gottes eingetaucht werden. Das Wort Gottes ist gleichsam das Bad, das sie reinigt, die schöpferische Macht, die sie umformt in Gottes Sein hinein. Und wie ist es da mit uns? Sind wir wirklich durchtränkt vom Wort Gottes? Ist es wirklich die Nahrung, von der wir leben, mehr als vom Brot und von den Dingen dieser Welt? Kennen wir es wirklich? Lieben wir es? Gehen wir innerlich damit um, so dass es wirklich unser Leben prägt, unser Denken formt? Oder formt sich unser Denken nicht doch immer wieder aus alledem, was man sagt, was man tut? Bleiben wir nicht doch in der Oberflächlichkeit all dessen, was sich dem Menschen von heute eben so aufdrängt? Lassen wir uns vom Wort Gottes wirklich inwendig reinigen?
Predigt bei der "Missa chrismatis" am Gründonnerstag, 9. April 2009
Wir brauchen Gott
Wir brauchen die Begegnung mit Gott, die uns in den Sakramenten geschenkt wird. Und wir können nicht zu Gott reden im Gebet, wenn wir nicht zuerst ihn selbst reden lassen und ihm zuhören in seinem Wort, das er uns geschenkt hat.
Predigt bei der Vesper zum Abschluss des Paulusjahres, 28. Juni 2009
Die Stunde Gottes
Nicht selten sind die Worte der Menschen nicht nur ohne Zukunft und Perspektive, sondern auch ohne Sinn und Weisheit. Die Menschen werden immer mehr von einer frenetischen Rastlosigkeit ergriffen, sind unfähig, in der Zeit der Erwartung zu leben. Und doch könnte das die Stunde Gottes sein: sein Ruf, der durch die Kraft und Wirksamkeit des Wortes laut wird, ebnet der Hoffnung auf die Fülle des Lebens den Weg. Das Wort Gottes kann wahrlich Licht und Kraft werden, Quelle der Hoffnung; es kann einen Weg vorgeben, der über Jesus führt, "Weg" und "Tor", über sein Kreuz, das die Fülle der Liebe ist.
Ansprache an die Teilnehmer der Tagung über die Berufungspastoral, 4.Juli 2009
Auch heute nehmen viele "Anstoss"
"Wollt auch ihr weggehen?" (Joh 6, 67). Diese provokative Frage ist nicht nur an die Zuhörer von damals gerichtet, sondern gilt den Gläubigen und Menschen aller Zeiten. Angesichts des Paradoxes des christlichen Glaubens nehmen nicht wenige auch heute "Anstoss". Die Lehre Jesu scheint "unerträglich" zu sein, zu schwierig, als dass sie angenommen und in die Praxis umgesetzt werden könnte. Da sind dann die, die Christus ablehnen und ihn verlassen; andere versuchen, das Wort den Moden der Zeit "anzupassen", und berauben es so seinem wesentlichen Sinn und Wert.
Angelus, 23. August 2009
Quelle der Weisheit und des Lichtes
Die Liturgie des heutigen Sonntags lädt uns ein, aufmerksam das Wort Gottes zu hören, auf das wir es jeden Tag treu in die Praxis umsetzten. Es ist für uns Quelle der Weisheit, des Lichtes, der Erkenntnis und des Lebens. Wir müssen uns daher Zeit nehmen, das Wort aufzunehmen und es zu betrachten, so dass es im Tiefsten unseres alltäglichen Lebens Wurzeln fassen kann. Auf diese Weise wird unser Leben Früchte tragen und die Liebe Gottes zu jedem Menschen zum Ausdruck bringen!
Angelus, 30. August 2009
Die Mitte ist das Wort Gottes
Nicht die äusseren Vorschriften machen den Menschen gut, das Gute muss aus dem Inneren, der Mitte seines Seins, kommen. Aber das Innere des Menschen - das Herz, wie es die Tradition nennt - ist selbst auf der Suche nach einer Mitte, in der es Halt, Orientierung und Liebe finden kann. Diese Mitte ist Gottes Wort, das Wort der Wahrheit, das uns ins Dasein gerufen hat und unser Leben zur Vollendung führen will.
Angelus, 30. August 2009
Das göttliche Wort aufnehmen
Die allerseligste Jungfrau trug den Sohn Gottes in ihrem Schoss und ihrem Herzen und bereitete so ihrer Verwandten Elisabeth grosse Freude. Ich lade euch ein, das göttliche Wort in euch aufzunehmen, ein treues und überzeugtes Zeugnis für den Glauben abzulegen, Werke der Nächstenliebe zu üben und dadurch auch für die anderen Zeugen und Boten Jesu Christi zu sein, Quell der Freude und der Hoffnung für die Welt.
Angelus, 20. Dezember 2009
Dem Wort Gottes folgen
Der Weg, den Gott uns in seinem Wort weist, führt in die Richtung, die in das Wesen des Menschen selbst eingeschrieben ist. Das Wort Gottes und die Vernunft gehören zusammen. Dem Wort Gottes folgen, mit Christus gehen bedeutet für den Menschen, sich selbst zu verwirklichen; ihn verlieren heisst sich selbst verlieren.
Predigt zum Abschluss des nationalen Eucharistischen Kongresses, Bari, 29. Mai 2005
Vertrautes Gespräch
Das vom Gebet begleitete aufmerksame Lesen der Heiligen Schrift führt zu jenem vertrauten Gespräch, in dem man beim Lesen Gott sprechen hört und ihm im Gebet antwortet, während sich das Herz vertrauensvoll öffnet.
Audienz zum Jahrestag der Veröffentlichung von "Dei Verbum", 16.September 2005
Wie Christus denken
Denken, so wie Christus denkt. Wir können es tun, wenn wir die Heilige Schrift lesen, in der das Denken Christi Wort ist, das zu uns spricht. In diesen Sinn sollten wir die "Lectio Divina" üben: in den Schriften das Denken Christi spüren, mit ihm denken lernen, so wie Christus denken und so wie Christus gesinnt sein, fähig, den anderen auch das Denken Christi, die Gesinnung Christi mitzuteilen.
Generalversammlung der Bischofssynode im Vatikan, 3. Oktober 2005
Hören, verkündigen, glauben, hoffen, lieben
In Erinnerung an den 40. Jahrestag der dogmatischen Konstitution Dei Verbum des II. Vatikanischen Konzils über die göttliche Offenbarung lade ich euch ein, das Wort Gottes voll Ehrfurcht zu hören und es mutig zu verkündigen, damit die ganze Welt im Hören glaubt, im Glauben hofft und in der Hoffnung liebt.
Angelus 6. November 2005
Impuls zur Verbreitung des Gotteswortes
Die Konzilskonstitution Dei Verbum hat der Verbreitung des Gotteswortes einen starken Impuls gegeben, woraus sich eine tiefgreifende Erneuerung im Leben der kirchlichen Gemeinschaft ergab, vor allem in der Verkündigung und in den ökumenischen Beziehungen. Denn es ist ja in der Tat das Wort Gottes, das durch den Heiligen Geist die Gläubigen zur Fülle der Wahrheit führt (vgl. Joh 16, 13). Unter den zahlreichen Früchten dieses biblischen Frühlings möchte ich die Verbreitung der altbewährten Praxis der "lectio divina", der "geistlichen Lesung" der Heiligen Schrift, nennen. Sie besteht darin, sich lange mit einem Bibeltext zu beschäftigen, ihn wieder und wieder zu lesen, gleichsam um ihn "wiederzukäuen", wie die Kirchenväter sagen, und um sozusagen seinen ganzen "Saft" herauszupressen, damit er die Meditation und Betrachtung nähre und das konkrete Leben gewissermassen bewässere. Voraussetzung für die "lectio divina" ist, dass Verstand und Herz vom Heiligen Geist, der die Heiligen Schriften selbst inspirierte, erleuchtet werden und auf diese Weise eine Haltung des "ehrfurchtsvollen Hörens" annehmen.
Angelus, 6. November 2005
Auf Christus hören, wie Maria
Obwohl die Jungfrau Maria unter allen menschlichen Geschöpfen Gott am nächsten stand, ist auch sie Tag für Tag den Pilgerweg des Glaubens gegangen (vgl. Lumen gentium, 58) indem sie das Wort, das Gott sowohl durch die Heilige Schrift als auch durch die Ereignisse im Leben ihres Sohnes an sie richtete, und in denen sie die geheimnisvolle Stimme des Herrn erkannte und in sich aufnahm, stets in ihrem Herzen bewahrte und darüber nachdachte. Das ist also das Geschenk und die Verpflichtung für jeden von uns in der Fastenzeit: auf Christus hören, wie Maria. Auf ihn hören in seinem Wort, das in der Heiligen Schrift verwahrt ist. Auf ihn hören auch in den Ereignissen unseres Lebens und versuchen, darin die Botschaften der Vorsehung zu erkennen. Schliesslich auch in den Brüdern und Schwestern auf ihn hören, vor allem in den Kleinen und in den Armen, in denen Jesus selbst konkret um unsere Liebe bittet. Auf Christus hören und seiner Stimme gehorchen: Das ist der Königsweg, der einzige, der zur Fülle der Freude und zur Liebe führt.
Angelus, 12. März 2006
Die Freiheit finden
Es ist nicht einfach, in der Welt, in der wir leben, das wahre Glück zu erkennen und es zu finden, in einer Welt, in der der Mensch oft Gefangener von Denkströmungen ist, die ihn, obwohl er "frei" zu sein glaubt, dahin führen, sich in Irrtümern oder den Illusionen falscher Ideologien zu verlieren. Es ist dringend notwendig, "die Freiheit zu befreien" (vgl. Enzyklika Veritatis splendor. 86), die Dunkelheit zu erhellen, in der die Menschheit tastend ihren Weg sucht. Jesus hat uns gezeigt, wie das geschehen kann: "Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien" (Joh 8, 31-32). Das fleischgewordene Wort, das Wort der Wahrheit, macht uns frei und lenkt unsere Freiheit zum Guten.
Botschaft zum XXI. Weltjugendtag, 22. Februar 2006
Der Heilige Geist...
Der Heilige Geist, der das auserwählte Volk führte, indem er die Verfasser der Heiligen Schrift inspirierte, öffnet das Herz der Gläubigen zum Verständnis ihres Inhalts. Derselbe Heilige Geist ist in der Eucharistiefeier anwesend und wirkt, wenn der Priester "in persona Christi" die Einsetzungsworte spricht und so Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt, damit sie den Gläubigen zur geistlichen Nahrung werden. Um auf dem irdischen Pilgerweg zur himmlischen Heimat fortzuschreiten, müssen wir alle uns mit dem Wort und dem Brot des ewigen Lebens nähren, die nicht voneinander zu trennen sind!
Botschaft zum XXI. Weltjugendtag, 22. Februar 2006
Das Wort Gottes meditieren
Meditiert oft über das Wort Gottes, und erlaubt dem Heiligen Geist euer Lehrer zu sein. Dann werdet ihr entdecken, dass Gottes Gedanken nicht die der Menschen sind; ihr werdet dahin geführt werden, den wahren Gott zu betrachten und die Ereignisse der Geschichte mit seinen Augen zu lesen; ihr werdet in Fülle die Freude kosten, die der Wahrheit entspringt. Auf dem Weg des Lebens, der weder einfach noch ohne Gefahren ist, werdet ihr vielleicht Schwierigkeiten und Leid begegnen, und manchmal werdet ihr versucht sein, mit dem Psalmisten auszurufen: "Ganz tief bin ich gebeugt" (Ps 119, V. 107). Vergesst nicht, wie der Psalmist hinzuzufügen: "Durch dein Wort belebe mich...mein Leben ist ständig in Gefahr, doch ich vergesse nie deine Weisung" (ebd., V. 107. 109). Die liebende Gegenwart Gottes durch sein Wort ist das Licht, das die Finsternis der Angst vertreibt und den Weg auch in den schwierigsten Augenblicken erhellt.
Botschaft zum XXI. Weltjugendtag, 22. Februar 2006
Ein hörendes Herz
Das Geheimnis, "ein hörendes Herz" zu erlangen, besteht darin, sein Herz zu bilden, damit es zum Hören fähig ist. Das erreicht man, wenn man fortwährend über das Wort Gottes meditiert und im ihm verwurzelt bleibt, im Bemühen, es immer besser kennenzulernen.
Liebe Jugendliche, ich fordere Euch auf, Euch mit der Bibel vertraut zu machen, sie immer bei der Hand zu haben, damit sei euch gleichsam zum Kompass werde, der den Weg weist, dem man folgen muss. Wenn ihr sie lest, werdet ihr Christus kennenlernen. Der hl. Hieronymus sagt dazu: "Die Schrift nicht kennen heisst Christus nicht kennen" (PL 24, 17; vgl. Dei Verbum, 25). Ein wohlerprobter Weg, das Wort Gottes zu vertiefen und zu verkosten, ist die "lectio divina", die ein wirklicher geistlicher Weg in mehreren Schritten ist. Von der "lectio", die darin besteht, einen Abschnitt der heiligen Schrift wiederholt zu lesen und seine hauptsächlichen Elemente zu erfassen, geht man über zur "miditatio", die wie eine innere Ruhepause ist, in der die Seele sich Gott zuwendet und zu verstehen versucht, was sein Wort heute für das konkrete Leben sagt. Dann folgt die "oratio", die uns im direkten Gespräch mit Gott verweilen lässt, und schliesslich gelangt man zur "contemplatio",die uns hilft, unser Herz offen zu halten für die Gegenwart Christi. Sein Wort "ist ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eurem Herzen" (2 Petr 1,19). Das Lesen, das Studium und die Meditation des Wortes müssen dann einmünden in ein Leben der konsequenten Treue zu Christus und zu seiner Lehre.
Botschaft zum XXI. Weltjugendtag, 22. Februar 2006
Zeitgenosse durch die Heilige Schrift
Und in der Kirche bleibt der Herr immer unser Zeitgenosse. Die Heilige Schrift ist nicht etwas, das der Vergangenheit angehört. Der Herr spricht nicht in der Vergangenheit, sondern er spricht in der Gegenwart, er spricht heute mit uns, er schenkt uns Licht, er zeigt uns den Weg des Lebens, er schenkt uns Gemeinschaft und bereitet und öffnet uns so für den Frieden.
Generalaudienz, 29. März 2006
Wort Gottes, Gespräch mit Gott
Die Heilige Schrift darf nicht wie irgend ein historisches Buch gelesen werden, [...] man muss sie wirklich als Wort Gottes lesen, das heisst, man muss mit Gott ins Gespräch treten. Man muss zu Beginn beten, mit dem Herrn sprechen: "öffne mir die Tür". Es geht um das, was der hl. Augustinus oft in seinen Predigten sagt: "Ich habe an die Tür des Wortes angeklopft, um endlich zu finden, was der Herr mir sagen will". Das scheint mir ein sehr wichtiger Punkt zu sein. Man liest die Heilige Schrift nicht in einer akademischen Atmosphäre, sondern betend und indem man zum Herrn sagt: "Hilf mir, dein Wort zu verstehen, das zu verstehen, was du mir mit diesem Textabschnitt jetzt sagen willst".
Gespräch mit den Jugendlichen auf dem Petersplatz, 6. April 2006
Gemeinsam lesen
Die Heilige Schrift führt in die Gemeinschaft mit der Familie Gottes ein. Man kann daher die Heilige Schrift nicht alleine lesen. Sicher, es ist immer wichtig, die Bibel auf sehr persönliche Weise zu lesen, im persönlichen Gespräch mit Gott, aber gleichzeitig ist es wichtig, sie zusammen mit Menschen zu lesen, mit denen man auf dem Weg ist, sich helfen zu lassen von den grossen Meistern der "lectio divina". [...] Darüber hinaus ist es im allgemeinen angebracht, sie auch zusammen mit Freunden zu lesen, die mit mir auf dem Weg sind und die zusammen mit mir danach suchen, wie wir mit Christus leben sollen, welches Leben uns das Wort Gottes übermittelt.
Gespräch mit den Jugendlichen auf dem Petersplatz, 6. April 2006
3 Elemente...
Die Gemeinschaft der Kirche ist also das lebendige Subjekt der Heiligen Schrift. Aber auch jetzt ist das wichtigste Subjekt der Herr selbst, der in der Heiligen Schrift, die wir in Händen halten, auch weiterhin spricht. Ich denke, dass wir diese drei Elemente lernen müssen: im persönlichen Gespräch mit dem Herrn zu lesen, in Begleitung von Lehrmeistern zu lesen, die Glaubenserfahrung besitzen, die in die Heilige Schrift eingedrungen sind, in der grossen Gemeinschaft der Kirche zu lesen, in deren Liturgie diese Ereignisse immer wieder neu gegenwärtig werden. In ihr spricht der Herr jetzt mit uns, so dass wir nach und nach immer mehr Zugang finden zur Heiligen Schrift, in der Gott wirklich - heute - mit uns spricht.
Gespräch mit den Jugendlichen auf dem Petersplatz, 6. April 2006
Lectio divina
Auf ihn hören in der lectio divina, das heisst nicht beim akademischen, sondern beim geistlichen Lesen der Heiligen Schrift: So lernen wir, dem gegenwärtigen Jesus zu begegnen, der zu uns spricht. Wir müssen betrachten und vor ihm und mit ihm über seine Worte und sein Handeln nachdenken. Die Lesung der Heiligen Schrift ist Gebet, sie muss Gebet sein. Sie muss aus dem Gebet hervorgehen und zum Gebet hinführen.
Predigt bei der Chrisam-Messe am Gründonnerstag, 13. April 2006
Weisheit - Christus
Aus der Perspektive des Wortpaares Weisheit - Christus bietet uns das Wort Gottes indes eine vollkommene Sicht vom Menschen in der Geschichte: Wer, fasziniert von der Weisheit, diese in Christus sucht und findet, verlässt für ihn alles und erhält dafür das unschätzbare Geschenk des Gottesreiches und lebt, bekleidet mit Mässigung, Klugheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit - den "Kardinaltugenden" -, in der Kirche das Zeugnis der Liebe.
Predigt bei dem 500-Jahr-Jubiläum der Päpstlichen Schweizergarde 6. Mai 2006
Richtige Auslegung der Hl. Schrift
Wie in den vergangenen Jahrhunderten, so gibt es auch heute Personen oder Kreise, die durch Vernachlässigung der jahrhundertealten Tradition das Wort Christi verfälschen und die Wahrheiten aus dem Evangelium entfernen möchten, die ihrer Meinung nach für den modernen Menschen zu unbequem sind. Man versucht, den Eindruck zu er wecken, dass alles relativ sei: Auch die Glaubenswarheiten hingen angeblich von der jeweiligen historischen Situation und der menschlichen Einschätzung ab. Doch die Kirche kann den Geist der Wahrheit nicht zum Schweigen bringen. Die Nachfolger der Apostel sind zusammen mit dem Papst für die Wahrheit des Evangeliums verantwortlich, und alle Christen sind dazu aufgerufen, diese Verantwortung zu teilen, indem sie die massgeblichen Weisungen dieser Wahrheit annehmen. Jeder Christ ist dazu angehalten, seine eigenen Überzeugungen ständig mit den Geboten des Evangeliums und der Tradition der Kirche zu vergleichen, in dem Bemühen, dem Wort Christi auch dann treu zu bleiben, wenn es anspruchsvoll und menschlich schwer zu verstehen ist. Wir dürfen nicht in die Versuchung des Relativismus oder der subjektivistischen und selektiven Auslegung der Heiligen Schrift gerate. Nur die unversehrte Wahrheit vermag uns dafür zu öffnen, dass wir an Christus festhalten, der für unser Heil gestorben und auferstanden ist.
Predigt bei der Eucharistiefeier in Warschau, 26. Mai 2006
Die Heilige Schrift geistlich lesen
Das Stundengebet ist eine grundlegende Weise des Seins bei ihm. Da beten wir als des Gesprächs mit Gott bedürftige Menschen, aber da nehmen wir auch die anderen Menschen mit, die nicht Zeit und Möglichkeit zu solchem Beten haben. Damit unsere Eucharistiefeier und das Stundengebet von innen gefüllt bleiben, müssen wir auch immer wieder die Heilige Schrift geistlich lesen; nicht nur Worte aus der Vergangenheit enträtseln, sondern nach dem gegenwärtigen Zuspruch des Herrn an mich suchen, der heute durch dieses Wort mit mir spricht. Nur so können wir das heilige Wort als gegenwärtiges Wort Gottes zu den Menschen dieser unserer Zeit bringen.
Predigt bei der Vesper in Altötting, 11. September 2006
Das Wort
Schweigen und Kontemplation dienen dazu in der Zerstreuung des Alltags diese tiefe, beständige Einheit mit Gott finden zu können. Schweigen und Kontemplation: Aber die schöne Berufung des Theologen ist das Sprechen. Dies ist sein Auftrag: In der Geschwätzigkeit unserer Zeit und anderer Zeiten, in der Inflation der Worte die wesentlichen Worte gegenwärtig zu machen. In den Worten das Wort gegenwärtig zu machen, das Wort, das von Gott kommt, das Wort, das Gott ist. Aber wie könnten wir, als Teil dieser Welt mit allen ihren Worten das göttliche Wort in den Worten gegenwärtig machen, wenn nicht durch einen Prozess der Reinigung unseres Denkens, der vor allem auch ein Prozess der Reinigung unserer Worte sein muss? Wie könnten wir die Welt und zuerst uns selber dem Wort öffnen, ohne in das Schweigen Gottes einzutreten, aus dem sein Wort hervorgeht? Zur Reinigung unserer Worte und damit zur Reinigung der Worte der Welt brauchen wir jenes Schweigen, das Kontemplation wird, die uns in das Schweigen Gottes eintreten und so dorthin gelangen lässt, wo das Wort, das erlösende Wort geboren wird.
Predigt zum Abschluss der Jahresversammlung der Internationalen Theologenkommission, 6. Oktober 2006
Die Tiefe der Worte ergreifen
Das lässt mich an den hl. Ignatius von Antiochien und einen schönen Satz von ihm denken: "Wer die Worte des Herrn verstanden hat, versteht sein Schweigen, weil der Herr in seinem Schweigen erkannt werden muss". Die Erforschung der Worte Jesu gelangt bis zu einem gewissen Punkt, bleibt aber unserem Denken verhaftet. Nur wenn wir zu jenem Schweigen des Herrn gelangen, des Herrn in seinem Einssein mit dem Vater, von dem die Worte stammen, können wir auch wirklich beginnen, die Tiefe dieser Worte zu begreifen. Die Worte Jesu entstanden in seinem Schweigen auf dem Berg, wie die Schrift sagt, in seinem Einssein mit dem Vater. Aus diesem Schweigen der Gemeinschaft mit dem Vater, aus dem Versunkensein in den Vater entstehen die Worte, und nur, wenn wir an diesen Punkt gelangen und von diesem Punkt aus gehen, gelangen wir zur wahren Tiefe des Wortes und können so authentische Interpreten des Wortes sein. Der Herr lädt uns durch sein Wort dazu ein, mit ihm auf den Berg zu steigen und in seinem Schweigen immer wieder den wahren Sinn der Worte zu erlernen.
Predigt zum Abschluss der Jahresversammlung der Internationalen Theologenkommission, 6. Oktober 2006
Die Freude am Herrn leben
Das Kirchengebäude besteht, damit das Wort Gottes unter uns gehört, erklärt und verstanden werden kann; es besteht, damit das Wort Gottes unter uns als Kraft werde, die Gerechtigkeit und Liebe hervorbringt. Es besteht insbesondere, damit in ihm das Fest beginnen kann, an dem Gott die Menschheit nicht erst am Ende der Zeiten, sondern schon jetzt teilnehmen lassen will. Es besteht, damit in uns die Erkenntnis dessen, was gerecht und gut ist, geweckt wird; es gibt keine andere Quelle als das Wort Gottes, um das Rechte und Gute zu erkennen und dieser Erkenntnis Kraft zu verleihen. Es besteht, damit wir lernen, die Freude am Herrn, die unsere Stärke ist, zu leben. Bitten wir den Herrn, uns über sein Wort zu freuen, uns über den Glauben zu freuen, damit diese Freude uns selbst und die Welt erneuere!
Predigt bei der Weihe der neuen Kirche "Santa Maria Stella dell`Evangelizzazione" in Rom, 10. Dezember 2006
Wort Gottes ist Existenz
Das Wort Gottes ist nicht bloss Wort. In Jesus Christus ist es mitten unter uns als Person gegenwärtig. Das ist der tiefste Zweck der Existenz des Kirchenbaus: Die Kirche besteht, damit wir in ihr Christus, dem Sohn des lebendigen Gottes, begegnen. Gott hat ein Antlitz. Gott hat einen Namen. In Christus ist Gott Mensch geworden und schenkt sich uns im Geheimnis der heiligsten Eucharistie. Das Wort ist Fleisch, es schenkt sich uns unter der Gestalt des Brotes und wird so wahrhaft zu dem Brot, von dem wir leben. Wir Menschen leben von der Wahrheit. Diese Wahrheit ist Person: sie spricht zu uns, und wir sprechen zu ihr. Die Kirche ist der Ort der Begegnung mit dem Sohn des lebendigen Gottes und somit der Ort der Begegnung unter uns. Das ist die Freude, die Gott uns schenkt: dass er einer von uns geworden ist, dass wir ihn gleichsam berühren können und dass er mit uns lebt. Die Freude an Gott ist wirklich unsere Stärke.
Predigt bei der Weihe der neuen Kirche "Santa Maria Stella dell`Evangelizzazione" in Rom, 10. Dezember 2006
Jesus hat das Wort "kurz gemacht"
Das Wort, das Gott uns in den Büchern der Heiligen Schrift mitteilt, war lang geworden im Lauf der Zeit. Lang und unübersichtlich nicht nur für die einfachen, des Lesens unkundigen Menschen, sondern sogar noch mehr für die Schriftkenner, die Gelehrten, die sich zusehends in den Einzelheiten und ihren Problemen verfingen und den Blick aufs Ganze kaum noch finden konnten. Jesus hat das Wort "kurz gemacht" - uns seine tiefste Einfachheit und Einheit wieder gezeigt. Alles, was Gesetz und Propheten uns lehren, so sagt er uns, ist vereinigt in dem einen Wort: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit all deinen Gedanken... Du sollt den Nächsten lieben wie dich selbst" (Mt 22,37-40). Das ist alles – der ganze Glaube ist bezogen auf diesen einen Gott und Menschen umfassenden Akt der Liebe.
Predigt in der Heiligen Nacht, 24. Dezember 2006
Hinhören
In der christlichen Perspektive ist das Hinhören von vorrangiger Bedeutung. Dazu stellt Jesus ausdrücklich fest: "Selig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und es befolgen" (Lk 11, 28). Ja, zu Marta, die sich um so viele Dinge sorgt, sagt er, dass "nur eines notwendig ist" (Lk 10, 42). Und aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass dieses einzig Notwendige das gehorsame Hören des Wortes ist. Darum ist das Hören des Wortes Gottes auch von vorrangiger Bedeutung für unseren ökumenischen Einsatz. Denn nicht wir sind es, die die Einheit der Kirche machen oder organisieren. Die Kirche macht sich nicht selbst, sie lebt nicht aus sich selbst, sondern sie lebt aus dem schöpferischen Wort, das aus dem Mund Gottes kommt. Gemeinsam das Wort Gottes hören; die "lectio divina" der Bibel halten, dass heisst das an das Gebet gebundenen Lesen der Heiligen Schrift; sich überraschen lassen von der Neuheit des Wortes Gottes, die nie alt wird und sich nie erschöpft; unsere Taubheit für jene Worte überwinden, die nicht mit unserem Vorurteilen und unseren Meinungen übereinstimmen; hören und studieren in der Gemeinschaft der Gläubigen aller Zeiten; all das stellt einen Weg dar, der beschritten werden muss um die Einheit im Glauben zu erreichen, als Antwort auf das Hören des Wortes.
Predigt bei Vespergottesdienst zum Abschluss der Gebetswoche für die Einheit der Christen, 25. Januar 2007
Sind wir vielleicht taub geworden?
Wer auf das Wort Gottes hört, kann und muss dann davon sprechen und es weitergeben an die anderen, an diejenigen, die es noch nie gehört haben, oder an jene, die es vergessen oder unter den Dornen der Sorgen und Täuschungen der Welt begraben haben (vgl. Mt 13,22). Wir müssen uns fragen: sind wir Christen nicht vielleicht zu taub geworden? Fehlt uns nicht vielleicht der Mut, zu sprechen und Zeugnis zu geben, wie es die Zeugen der Heilung des Taubstummen in der Dekapolis getan haben? Unsere Welt braucht dieses Zeugnis; sie wartet vor allem auf das gemeinsame Zeugnis der Christen. Deshalb schliesst das Hören auf den Gott, der spricht, auch das gegenseitige Zuhören, den Dialog zwischen den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften ein.
Predigt bei Vespergottesdienst zum Abschluss der Gebetswoche für die Einheit der Christen, 25. Januar 2007
Persönliche Lektüre und gemeinschaftliche Schriftlesung
Der hl. Augustinus sagt in seinen Homilien oft: Ich habe mehrmals an die Tür dieses Wortes [des Wortes Gottes] geklopft, bis ich hören konnte, was Gott selbst zu mir sagte. Auf der einen Seite steht diese sehr persönlichen Lektüre, dieses persönliche Gespräch mit Gott, in dem ich danach suche, was der Herr mir sagt. Von grosser Bedeutung ist, zusammen mit dieser persönlichen Lektüre, die gemeinschaftlichen Schriftlesung, weil das lebendige Subjekt der heiligen Schrift das Volk Gottes, die Kirche, ist.
Besuch im Römischen Priesterseminar, 17. Februar 2007
Mit der Person wachsen
Die Heilige Schrift war keine reine Privatangelegenheit grosser Schriftsteller - auch wenn der Herr immer den Menschen, seine persönliche Antwort braucht -, sondern sie ist mit Personen gewachsen, die in den Weg des Gottesvolkes einbezogen waren, und auf diese Weise sind ihre Worte Ausdruck dieses Weges, dieser Wechselseitigkeit des Rufes Gottes und der menschlichen Antwort.
Besuch im Römischen Priesterseminar, 17. Februar 2007
In der Einheit lesen
Nur wenn wir alles als einen einzigen Weg nehmen, den wir Schritt für Schritt gehen, und die Heilige Schrift in ihrer Einheit zu lesen lernen, können wir tatsächlich den Zugang zur Schönheit und zum Reichtum der Heiligen Schrift finden. Es gilt daher: Alles lesen, aber immer die Gesamtheit der Heiligen Schrift berücksichtigen, wo ein Teil den anderen, ein Schritt des Weges den anderen erklärt.
Begegnung mit den Priestern der Diözese Rom, 22. Februar 2007
Lektüre im Licht Christi
Das Lesen der Heiligen Schrift muss immer eine Lektüre im Lichte Christi sein. Nur so können wir auch in unserem heutigen Umfeld die Heilige Schrift lesen und verstehen und von der Heiligen Schrift wirklich Licht erhalten. Wir müssen eines begreifen: Die Heilige Schrift ist ein Weg mit einer Richtung. Wer den Zielpunkt kennt, kann auch jetzt von neuem alle Schritte tun und so auf tiefere Weise das Geheimnis Christi kennenlernen.
Begegnung mit den Priestern der Diözese Rom, 22. Februar 2007
Das Wort ist immer viel grösser
Ich möchte noch eine Sache hinzufügen, die alle Kirchenväter hervorgehoben haben. Dabei denke ich vor allem an einen wunderschönen Text des hl. Ephraim und an einen anderen des hl. Augustinus, in denen es heisst: Wenn du wenig verstanden hast, nimm es an, und denke nicht, du hättest alles verstanden. Das Wort ist immer viel grösser als alles, was du verstehen konntest. Und das muss jetzt kritisch gegenüber einer bestimmten Richtung der modernen Exegese gesagt werden, die glaubt, alles verstanden zu haben, und dass daher nach der von ihr erarbeiteten Auslegung nichts anderes mehr gesagt werden könne. Das ist nicht wahr. Das Wort ist immer grösser als die Exegese der Väter und die kritische Exegese, weil auch diese nur einen Teil, ja, ich würde sagen, einen sehr kleinen Teil versteht. Das Wort ist immer grösser – das ist unser grosser Trost. Und es ist einerseits schön zu wissen, dass man nur ein klein wenig verstanden hat. Es ist schön zu wissen, dass es noch einen unerschöpflichen Schatz gibt und dass jede neue Generation wieder neue Schätze entdecken und weitergehen wird mit der Grösse des Wortes Gottes, das uns immer voraus ist, uns leitet und immer grösser ist. Mit diesem Bewusstsein muss man die Heilige Schrift lesen.
Begegnung mit den Priestern der Diözese Rom, 22. Februar 2007
Das Netz auswerfen
"Werft das Netz aus... und ihr werdet etwas fangen!" (Joh 21,6). [...] Was bedeutet konkret die Aufforderung Jesu, "das Netz auszuwerfen"? Wie für die Jünger bedeutet sie zuallererst, an ihn zu glauben und seinem Wort zu vertrauen. Wie sie fordert Jesus auch euch auf, ihm mit aufrichtigem und festem Glauben zu folgen. Schickt also auch ihr euch an, auf sein Wort zu hören und es jeden Tag zu betrachten.
Predigt bei Pastoralbesuch in der Lombardei, 21. April 2007
Keine Scientia Christi ohne Liebe
Trotz des ganzen theologischen Reichtums seines[Origenes] Denkens ist es nie eine rein akademische Abhandlung; es ist immer auf die Erfahrung des Gebets, des Kontakts mit Gott gegründet. Seiner Ansicht nach ist nämlich für das Verständnis der Heiligen Schrift mehr noch als das Studium die Vertrautheit mit Christus und das Gebet erforderlich. Er ist überzeugt, dass der bevorzugte Weg zur Erkenntnis Gottes die Liebe ist und dass es keine echte "scientia Christi" gibt, ohne sich in ihn zu verlieben.
Generalaudienz, 2. Mai 2007
Erziehung zum Lesen und Betrachtung des Wortes Gottes
Wie kann man Christus wirklich kennenlernen, um ihm folgen und mit ihm leben zu können, um in ihm das Leben zu finden und dieses Leben den andern, der Gesellschaft und der Welt mitzuteilen? Christus gibt sich uns vor allem in seiner Person, in seinem Leben und in seiner Lehre durch das Wort Gottes zu erkennen. [...] Deshalb muss das Volk zum Lesen und zur Betrachtung des Wortes Gottes erzogen werden, auf dass es zu seiner Nahrung werde, damit die Gläubigen durch eigene Erfahrung sehen, dass die Worte Jesu Geist und Leben sind (vgl. Joh 6,63). Denn wie sollten sie eine Botschaft verkünden, deren Inhalt und Geist sie nicht gründlich kennen? Wir müssen unseren missionarischen Einsatz und unser ganzes Leben auf den Fels des Wortes Gottes gründen. Ich ermutige daher die Hirten, sich zu bemühen, das Wort Gottes bekannt zu machen.
Ansprache bei der V. Generalversammlung der Bischofskonferenzen von Lateinamerika, 13. Mai 2007
Kommt zum Heiligen Haus von Loreto
Es gibt ein wechselseitiges Band zwischen dem Platz und dem Haus. Der Platz ist gross, er ist offen, er ist der Ort der Begegnung mit der anderen, des Dialogs, des Austauschs: das Haus hingegen ist der Ort der Sammlung und der inneren Stille, wo das Wort in Tiefe aufgenommen werden kann. Um Gott auf den Platz zu bringen, muss man ihn zuerst im Haus verinnerlicht haben, wie Maria bei der Verkündigung. Und umgekehrt öffnet sich das Haus hin zum Platz; Darauf verweist auch die Tatsache, dass das Heilige Haus von Loreto drei und nicht vier Wände hat: es ist ein offenes Haus, es ist offen hin zur Welt, zum Leben, [...]. Kommt hierher in den wichtigsten Augenblicken eures Lebens, wenigstens mit dem Herzen, um euch geistlich zwischen den Mauern des Heiligen Hauses zu sammeln. Betet zur Jungfrau Maria, damit sie für euch das Licht und die Kraft des Heilgen Geistes erlange, um voll und grossherzig auf die Stimme Gottes zu antworten. So werdet ihr seine wahren Zeugen auf dem "Platz", in der Gesellschaft, Überbringer eines Evangeliums, das nicht abstrakt ist, sondern in eurem Leben Fleisch angenommen hat.
Angelus in Loreto, 2. September 2007
Gott ist uns nahe
Das ist das Reich Gottes: Gott selbst ist nahe, und wir müssen uns diesem Gott nähern, der nahe ist, weil er Mensch geworden ist, Mensch bleibt und stets bei uns ist in seinem Wort, in der heiligen Eucharistie und in allen Gläubigen. Das Reich Gottes verkündigen heisst daher, heute von Gott zu sprechen, das Wort Gottes, das Evangelium, das Gegenwart Gottes ist, gegenwärtig zu machen, und natürlich Gott gegenwärtig zu machen, der in der heiligen Eucharistie gegenwärtig geworden ist.
Begegnung mit dem Klerus der Diözesen Belluno-Feltre und Treviso in Auronzo di Cadore, 24. Juli 2007
Das Wort Gottes richtig lesen
Wir dürfen die Heilige Schrift nicht als Wort der Vergangenheit lesen, sondern als Wort Gottes, das sich auch an uns wendet, und müssen versuchen zu verstehen, was der Herr uns sagen will. Um aber nicht in den Individualismus zu verfallen, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass das Wort Gottes uns gerade deshalb gegeben ist, um Gemeinschaft aufzubauen, um uns auf unserem Weg zu Gott hin in der Wahrheit zu vereinen. Obwohl es also immer ein persönliches Wort ist, ist es auch ein Wort, das Gemeinschaft errichtet, das die Kirche auferbaut. Deshalb müssen wir es in Gemeinschaft mit der lebendigen Kirche lesen. Der bevorzugte Ort des Lesens und Hörens des Wortes Gottes ist die Liturgie, in der wir durch das Feiern des Wortes und durch die Vergegenwärtigung des Leibes Christi im Sakrament das Wort in unserm Leben verwirklichen und es unter uns gegenwärtig machen.
Wir dürfen nie vergessen, dass das Wort Gottes über die Zeiten hinausreicht. Die menschlichen Meinungen kommen und gehen. Was heute sehr modern ist, wird morgen uralt sein. Das Wort Gottes hingegen ist Wort des ewigen Lebens, es trägt in sich die Ewigkeit, das, was für immer gilt. Indem wir in uns das Wort Gottes tragen, tragen wir also in uns das Ewige, das ewige Leben.
Generalaudienz, 7. November 2007
Vertrauter Umgang mit der Bibel
Der hl. Hieronymus hat mit der Bibel gelebt, sie hat ihn gleichsam Tag und Nacht begleitet, und er lädt die Gläubigen ein, ihrerseits mit der Bibel einen vertrauten Umgang zu pflegen. Sie ist das Instrument, durch das Gott mit uns redet. Allerdings, so sagt er uns, damit man wirklich Gott hört und nicht nur irgendwelche Wörter der Vergangenheit, ist es notwendig zu beten. Betend in die Schrift hineinzugehen und sich von ihr in das Gebet führen zu lassen, nur so kann man im Wort Gottes voranschreiten, und es ist notwendig, sie im Mitglauben mit der Kirche zu lesen, weil ja das Volk Gottes das lebendige Subjekt ist, aus dem die Schrift gewachsen ist. Wer mit Gott in der Schrift redet, der bleibt nicht bei Gott allein stehen, sondern er lernt Gott im Nächsten zu erkennen und wird zur Nächstenliebe geführt, dahin geführt, Christus in den Armen zu kleiden, in den Leidenden zu begegnen, in den Hungernden zu speisen und in den Heimatlosen zu beherbergen. Die Gläubigen sind zur Vervollkommnung ihres Lebens aufgerufen und dazu gehört, so sagt uns Hieronymus aus eigener Erfahrung, Wachsamkeit, auch die Bereitschaft zum Verzicht, Fleiss. Er mahnt, der Mensch muss arbeiten, geistig oder körperlich, aber Arbeit gehört zum menschlichen Leben. Und auch Gehorsam, nicht sich selbst zur letzten Instanz machen, sondern Gott und sein Wort als die Instanz anerkennen, der ich gehorche, und so werde ich wahrhaft ich selbst. Hieronymus' Weisung sagt uns, das Wort Gottes macht uns zum Menschen. Es erschliesst uns die wahren Wege des Lebens und der Heiligkeit.
Generalaudienz, 14. November 2007
Niemals alleine die Schrift lesen
Ein grundlegendes methodologisches Kriterium bei der Auslegung der Schrift war für Hieronymus die Übereinstimmung mit dem Lehramt der Kirche. Wir können niemals alleine die Schrift lesen. Wir finden zu viele Türen verschlossen und gleiten leicht in den Irrtum ab. Die Bibel wurde vom Volk Gottes und für das Volk Gottes unter der Inspiration des Heiligen Geistes geschrieben. Nur in dieser Gemeinschaft mit dem Volk Gottes können wir wirklich mit dem "Wir" in den Kern der Wahrheit eintreten, die Gott selbst uns sagen will. Für Hieronymus musste eine authentische Auslegung der Bibel immer in harmonischer Übereinstimmung mit dem Glauben der katholischen Kirche stehen. Es handelt sich nicht um eine Forderung, die diesem Buche von aussen auferlegt würde; die Bibel ist die Stimme des pilgernden Gottesvolkes, und nur im Glauben dieses Volkes befinden wir uns sozusagen in der richtigen Tonart, um die Heilige Schrift zu verstehen. Deshalb mahnte Hieronymus: "Bleibe fest mit der traditionellen Lehre verbunden, die man dich gelehrt hat, damit du gemäss der gesunden Lehre diejenigen ermahnen und widerlegen kannst, die dir widersprechen" (Ep. 52,7).
Generalaudienz, 14. November 2007
Das Evangelium - die "gute Nachricht"
Die "gute Nachricht", die Jesus verkündigte, lässt sich in diesen Worten zusammenfassen: Das Reich Gottes - oder das Himmelreich - ist nahe (vgl. Mt 4,17; Mk 1,15). Was bedeutet dieser Ausdruck? Gewiss meint er nicht ein in Raum und Zeit begrenztes irdisches Reich, sondern er kündigt an, dass Gott es ist, der herrscht, dass Gott der Herr ist und dass seine Herrschaft gegenwärtig, aktuell ist, und sich verwirklicht. Die Neuheit der Botschaft Christi besteht also darin, dass Gott in Ihm nahegekommen ist, nunmehr unter uns herrscht, wie die Wunder und Heilungen beweisen, die er vollbringt. Gott herrscht in der Welt durch seinen menschgewordenen Sohn und mit der Kraft des Heiligen Geistes, der "Finger Gottes" genannt wird (vgl. Lk 11,20). Wohin Jesus kommt, dort bringt der Schöpfergeist Leben, und die Menschen sind von den Krankheiten des Leibes und des Geistes geheilt. Die Herrschaft Gottes offenbart sich also in der ganzheitlichen Heilung des Menschen. Damit will Jesus das wahre Antlitz Gottes offenbaren, den nahen Gott, voller Mitleid für jeden Menschen; der Gott, der uns das Leben in Fülle schenkt, sein eigenes Leben. Das Reich Gottes ist somit das Leben, das sich gegenüber dem Tod behauptet, das Licht der Wahrheit, das das Dunkel der Unwissenheit und der Lüge zerstreut.
Angelus, 27. Januar 2008
Die Wiederentdeckung des wahren Bildes
Wir haben die Ikone wiederentdeckt mit ihren strengen Regeln, ohne die Schönheiten der Renaissance. Und so können auch wir einen Weg der demütigen Wiederentdeckung der grossen Bilder wieder aufnehmen, einen Weg, der stets aufs Neue zur Befreiung von zu vielen Worten, zu vielen Bildern führt, um die wesentlichen Bilder wiederzuentdecken, die für uns notwendig sind. Gott selbst hat uns sein Bild gezeigt, und wir können dieses Bild wiederfinden durch die tiefe Betrachtung des Wortes, das die Bilder wiedererstehen lässt.
Audienz für die Pfarrer und den Klerus der Diözese Rom, 7. Februar 2008
Das Wort Gottes reinigt uns
Er macht uns rein durch sein Wort und durch seine Liebe, durch die Gabe seiner selbst. "Ihr seid rein durch das Wort, das ich zu euch gesprochen habe", wird er in der Weinstock-Rede zu seinen Jüngern sagen (Joh15,3). Immer wieder wäscht er uns mit seinem Wort. Ja, wenn wir die Worte Jesu besinnlich, betend, glaubend in uns aufnehmen, entfalten sie in uns ihre reinigende Kraft. Tag um Tag werden wir mit vielerlei Schmutz, mit Phrasen, mit Vorurteilen, mit verkürzter und entstellter Weisheit geradezu überschüttet; vielerlei halbe oder offene Unwahrheit drängt immer wieder in uns herein. All das verdunkelt und verunreinigt unsere Seele, bedroht uns mit der Unfähigkeit zur Wahrheit und zum Guten. Wenn wir Jesu Worte wachen Herzens aufnehmen, sind sie wirkliche Waschungen, Reinigungen der Seele, des inneren Menschen.
Predigt in der Messe "in Coena Domini" am Gründonnerstag, 20. März 2008
Wahrhaft gereinigt werden
In den heiligen Sakramenten kniet der Herr immer wieder zu unseren Füssen und reinigt uns. Bitten wir ihn dass wir von dem heiligen Bad seiner Liebe immer tiefer durchdrungen und so wahrhaft gereinigt werden.
Predigt in der Messe "in Coena Domini" am Gründonnerstag, 20. März 2008
Lass uns österliche Menschen werden
In dieser Stunde danken wir dem Herrn, dass er durch die Kraft seines Wortes und der heiligen Sakramente uns in die rechte Richtung wendet und unser Herz in die Höhe zieht. Und wir bitten ihn: Ja, Herr, lass uns österliche Menschen werden, Menschen des Lichts, erfüllt vom Feuer deiner Liebe. Amen.
Predigt in der Osternacht, 22. März 2008
Die Struktur der Hl. Messe
Dieser wunderbare Text aus dem Evangelium [Emmausjünger (Lk 24,13-35)] enthält bereits die Struktur der Heiligen Messe: im ersten Teil das Hören des Wortes durch die Heilige Schrift; im zweiten Teil die eucharistische Liturgie und die Gemeinschaft mit dem im Sakrament seines Leibes und seines Blutes gegenwärtigen Christus. Indem sich die Kirche an diesem zweifachen Tisch nährt, wird sie unablässig erbaut und Tag für Tag im Glauben, in der Hoffnung und der Liebe erneuert.
Angelus, 6. März 2008
Emmaus steht für jeden Ort
Die Ortschaft Emmaus ist nicht mit Sicherheit identifiziert worden. Es gibt verschiedene Hypothesen, und das hat gewiss seinen Reiz, denn es lässt uns denken, dass Emmaus in Wirklichkeit für jeden Ort steht: Die Strasse, die dorthin führt, ist der Weg eines jeden Christen, ja eines jeden Menschen. Auf unserm Wegen wird der auferstandene Jesus zum Weggefährten, um in unseren Herzen die Wärmen des Glaubens und der Hoffnung zu entfachen und das Brot des ewigen Lebens zu brechen. Im Gespräch der Jünger mit dem unbekannten Wegbegleiter beeindruckt das Wort, das der Evangelist Lukas einem von ihnen in den Mund legt: "Wir aber hatten gehofft..." (24,21). Dieses Wort in der Vergangenheitsform sagt alles: Wir haben geglaubt, wir sind nachgefolgt, wir haben gehofft..., aber nun ist alles vorbei. Auch Jesus von Nazaret, der sich in Werken und Worten als mächtiger Prophet erwiesen hatte, ist gescheitert, und wir sind enttäuscht worden.
Diese dramatischen Situation der Emmausjünger spiegelt die Situation vieler Christen der heutigen Zeit wider: die Hoffnung des Glaubens scheint gescheitert zu sein. Der Glaube selbst gerät in eine Krise aufgrund der negativen Erfahrungen, in denen wir uns auch vom Herrn verlassen fühlen. Aber dieser Weg nach Emmaus, auf dem wir unterwegs sind, kann so zum Weg einer Läuterung und Reifung unseres Glaubens an Gott werden: Auch heute können wir ein Gespräch mit Jesus beginnen, indem wir auf sein Wort hören. Auch heute bricht er für uns das Brot und schenkt uns sich selbst als unser Brot. Und so schenkt uns die Begegnung mit dem auferstandenen Christus, die auch heute möglich ist, einen tieferen und authentischeren Glauben der sozusagen im Feuer des Osterereignisses gehärtet wird; einen starken Glauben, da er sich nicht von menschlichen Ideen nährt, sondern vom Wort Gottes und von seiner wirklichen Gegenwart in der Eucharistie.
Angelus, 6. März 2008
An Gottes unendliche Kraft glauben
Das Wort Gottes erinnert uns daran, dass wir im Glauben sehen, dass der Himmel offen ist und die Gnade des Heiligen Geistes die Kirche erleuchtet und unserer Welt sichere Hoffnung bringt. "Herr, mein Gott", singt der Psalmist, "sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen, und du erneuerst das Antlitz der Erde" (Ps 104,30). Diese Worte stellen uns den Beginn der Schöpfung vor Augen, als der Geist Gottes über dem Wasser schwebte (vgl. Gen1,2), und sie geben einen Ausblick auf die neue Schöpfung, an Pfingsten, als der Heilige Geist auf die Apostel herabkam und die Kirche als Erstlingsfrucht einer erlösten Menschheit gründete(vgl. Joh 20,22-23). Diese Worte ermahnen uns, immer tiefer an Gottes unendliche Kraft zu glauben, jede menschliche Situation zu verwandeln, Leben aus dem Tod zu schaffen und auch die dunkelste Nacht zu erhellen. Und sie lassen uns an noch ein anderes wunderbares Wort des hl. Irenäus denken: "Wo die Kirche ist, dort ist der Geist Gottes; wo der Geist Gottes ist, dort ist die Kirche und alle Gnade" (Adv. Haer. III, 24,1).
Predigt bei Votivmesse für die Universalkirche in der St.-Patrick-Kathedrale in New York, 19. April 2008
"Wenn ihr mich liebt"...
In dem Moment, in dem Christus nach Vollendung seiner Sendung zum Vater heimkehrt, sendet dieser den Geist, als Verteidiger und Tröster, damit er für immer bei den Gläubigen bleibe und in ihnen wohne. So entsteht zwischen Gott, dem Vater, und den Jüngern dank der Mittlerschaft des Sohnes und des Heiligen Geistes eine gegenseitige innere Beziehung: "Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch", sagt Jesus (Joh 14,20). Das alles hängt jedoch an einer Bedingung, die Christus zu Beginn stellt: "Wenn ihr mich liebt" (Joh 14,15), und die er am Ende wiederholt: "Wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren" (Joh 14,21).
Ohne die Liebe zu Jesus, die sich in der Achtung seiner Gebote vollzieht, schliesst sich der Mensch aus der trinitarischen Bewegung aus und beginnt, sich in sich selbst zu verschliessen; er verliert die Fähigkeit, Gott zu empfangen und ihn mitzuteilen.
Predigt bei Priesterweihe im Petersdom, 27. April 2008
Jesus spricht durch das Wort der Heiligen Schrift
Jesus wendet sich - wie an den Pharisäer Simon im Lukasevangelium - immer wieder durch die Schrift an uns: "Ich möchte dir etwas sagen" (Lk 7,40). Denn jedes Wort der Heilige Schrift ist für uns ein Wort des Lebens, das wir mit viel Aufmerksamkeit hören sollen. In ganz besonderer Weise bildet das Evangelium das Herz der christlichen Botschaft, die ganze Offenbarung der göttlichen Geheimnisse. In seinem Sohn, dem menschgewordenen Wort, hat uns Gott alles gesagt. In seinem Sohn hat uns Gott sein väterliches Angesicht enthüllt, ein Antlitz der Liebe, der Hoffnung - Er hat uns den Weg zum Glück und zur Freude gezeigt.
Videobotschaft an die in Québec versammelten Jugendlichen, 21. Juni 2008
Der Wahrheit des Wortes Gottes vertrauen
"An das Licht glauben" (vgl. Joh 12,36). Diese Worte haben für Euch, liebe junge Seminaristen Ordensleute, eine spezielle Bedeutung. Sie sind eine Aufforderung, auf die Wahrheit des Wortes Gottes zu vertrauen und fest auf seine Verheissungen zu hoffen. Sie laden uns ein, mit den Augen des Glaubens das unfehlbare Wirken seiner Gnade in unserer Umgebung zu sehen, selbst in jenen dunklen Zeiten, wenn all unser Bemühen vergeblich erscheint. […] Sicher gibt es Zeiten, in denen jeder gläubige Jünger die Hitze und die Last des Tages empfinget (vgl. Mt 20,12) und die Mühe, ein prophetisches Zeugnis vor eine Welt zu tragen, die für die Forderungen des Wortes Gottes wie taub erscheinen mag. Fürchtet Euch nicht! Glaubt an das Licht!
Predigt bei Eucharistiefeier mit Bischöfen, Seminaristen und jungen Ordensangehörigen, 19. Juli 2008
Die Heilige Schrift, ein geistliches Eden
Die Kirchenväter sahen die Schrift gern als ein geistliches Eden an, als einen Garten, in dem wir frei mit Gott spazieren gehen und die Schönheit und Harmonie seines Heilsplanes bewundern können, während sie in unserem eigenen Leben, im Leben der Kirche und in der gesamten Geschichte Frucht bringt. Lasst also das Gebet und die Meditation des Wortes Gottes das Licht sein, das die Schritte auf dem Weg, den der Herr für euch vorgezeichnet hat, erhellt, läutert und leitet.
Predigt bei Eucharistiefeier mit Bischöfen, Seminaristen und jungen Ordensangehörigen, 19. Juli 2008
"…wird dafür das Hundertfache erhalten"
Mögen Sie niemals an der Wahrheit des Versprechens unseres Herrn zweifeln, dass wir immer, wenn wir unsere Kreativität, unsere Energie, unsere Ressourcen und unser ganzes Sein ihm hingeben, das alles reichlich zurückbekommen werden (vgl. Mt 19,29)!
Ansprache an die Organisatoren und Sponsoren der Apostolischen Reise nach Sydney, 20. Juli 2008
Im Wort Gottes zu Hause sein
In diesem Raum zu Hause werden, im Raum des Wortes Gottes, ist etwas sehr Wichtiges, das uns sozusagen in diesen Atem Gottes hineinführt. Und dann, natürlich, muss aus diesem zuhören, dem Wandern im Wort Gottes, ein Antworten werden, das Antworten im Gebet, in der Berührung mit Christus. Und natürlich besonders im Heiligen Sakrament der Eucharistie, in dem er auf uns zugeht und in uns eintritt, sich gleichsam mit uns verschmilzt. Aber auch das Sakrament der Busse, in dem wir uns immer wieder reinigen lassen, die Dunkelheiten herauswaschen lassen, die der Alltag in uns hinterlässt.
Begegnung mit Priestern, Diakonen und Seminaristen aus Südtirol, 6. August 2008
Die Berührung mit Christus
Ein Leben mit Christus im Heiligen Geist, im Wort Gottes, und in der Gemeinschaft der Kirche, in ihrer lebendigen Gemeinschaft.
Der Hl. Augustinus hat gesagt: "Willst Du den Geist Gottes haben, dann sei im Leib Christi". Im mystischen Leib Christi ist der Raum seines Geistes.
All das sollte also sozusagen unseren Tageslauf bestimmen, das es ein strukturierter Tag ist, ein Tag, in dem immer wieder Gott Einlass findet in uns, in dem immer wieder die Berührung mit Christus stattfindet, in dem wir auf solche Weise immer wieder vom heiligen Geist beatmet werden. Wenn wir das tun, wenn wir dazu nicht zu faul, zu undiszipliniert oder sonst zu träge sind, dann geschieht etwas an uns, dann nimmt der Tag Gestalt an, und dann nimmt unser eigenes Leben darin Gestalt an, das leuchtet dann aus uns heraus, ohne dass wir viel überlegen müssen und sozusagen "propagandistisch" tätig werden müssen: Es kommt von selbst, weil es unser eigenes Inneres ist.
Begegnung mit Priestern, Diakonen und Seminaristen aus Südtirol, 6. August 2008
Die Kenntnis und Betrachtung der Heiligen Schrift fördern
In der Tat ist der Meister, der die Seinen begleitet, mit ihnen spricht und ihnen die Schrift erschliesst, ein Vorbild, dem man folgen muss, wenn man den Geist und das Herz des Menschen darauf vorbereiten will, Christus zu entdecken und ihm persönlich zu begegnen. Die Kenntnis und die Betrachtung der Heiligen Schrift zu fördern, sie in der Verkündigung und der Katechese treu zu erläutern und in der Schule zu lehren, ist daher notwendig, damit die christliche Berufung bewusster, tiefer und überzeugter gelebt werden kann.
"Ad-limina"-Besuch der Bischofskonferenz von Uruguay, 26. September 2008
Die Bibel: ein Brunnen
Die Bibel möge für jeden Christen wie ein Brunnen sein, zu dem er jeden Tag kommt, um seinen Durst zu stillen!
Angelus, 5. Oktober
Wort Gottes: ein Licht
Ich wünsche euch, dass die heilige Schrift immer das helle Licht sei, das eure Pilgerreise und den gesamten Weg eures Lebens erhellt.
Angelus, 5. Oktober
Die Bedeutung des Wortes Gottes erkennen
Bitten wir um das Licht des Heiligen Geistes, damit wir immer besser die Bedeutung des Wortes Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche sowie in unserer persönlichen Glaubenserfahrung erkennen.
Angelus, 5. Oktober
Das Wort Gottes verwandelt das Herz des Menschen
Wenn Gott spricht, fordert er immer zu einer Antwort heraus. Sein Heilswirken erfordert die Mitwirkung des Menschen; seiner Liebe wartet auf eine Erwiderung. Es darf nie geschehen, liebe Brüder und Schwestern, was in der Bibel über den Weinberg gesagt wird: er hoffte, dass der Weinberg süsse Trauben brächte, doch er brachte nur sauere Beeren (vgl. Jes 5,2). Nur das Wort Gottes kann das Herz des Menschen in der Tiefe verwandeln, und deshalb ist es wichtig, dass die einzelnen Gläubigen und die Gemeinschaften mit dem Wort Gottes immer tiefer vertraut werden.
Predigt bei Eucharistiefeier zur Eröffnung der Weltbischofssynode, 5. Oktober 2008
Das Wort Gottes verkünden
"Die Ernte ist gross" (Mt 9,37), wiederholt der göttliche Meister heute auch uns gegenüber: Viele sind ihm noch nicht begegnet und warten auf die erste Verkündigung seines Evangeliums: andere sind, obwohl sie eine christliche Erziehung oder Bildung erhalten haben, lau geworden in ihrer Begeisterung und haben zum Wort Gottes einen nur noch oberflächlichen Kontakt; andere haben sich von der Glaubenspraxis entfernt und brauchen eine Neuevangelisierung.
Predigt bei Eucharistiefeier zur Eröffnung der Weltbischofssynode, 5. Oktober 2008
Das Wort Gottes ist Fundament von allem
Noch mehr ist das Wort Gottes Fundament von allem, es ist die wahre Wirklichkeit. Und wenn wir realistisch sein wollen, müssen wir mit genau dieser Wirklichkeit rechnen. Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass die Materie, die konkreten Dinge, die wir anfassen können, die solideste, sicherste Realität sind.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
Das Wort Gottes ist das Fundament
Am Ende der Bergpredigt spricht der Herr von den zwei Möglichkeiten, das Haus des eigenen Lebens zu bauen: auf Sand oder auf Felsen. Auf Sand baut derjenige, der nur auf die sichtbaren und greifbaren Dinge baut, auf den Erfolg, die Karriere, das Geld. Scheinbar ist dies die wahre Wirklichkeit. Aber dies alles wird eines Tages vorbei sein. Wir sehen das jetzt beim Zusammenbruch der grossen Banken, diese Gelder verschwinden, sie sind nichts, und so sind all diese Dinge - die als die wahre Wirklichkeit erscheinen, auf die man sich verlassen kann - zweitrangige Wirklichkeiten. Wer sein Leben auf diese Wirklichkeiten baut, auf das Materielle, den Erfolg, alles, was glänzt, der baut auf Sand. Nur das Wort Gottes ist das Fundament der gesamten Wirklichkeit, es steht fest wie der Himmel und mehr als der Himmel, es ist die Realität.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
Das Fundament das ewig bleibt
Realist ist der, der im Wort Gottes, dieser scheinbar so gebrechlichen Realität, das Fundament von allem erkennt. Realist ist derjenige, der sein Leben auf dieses Fundament baut, das ewig bleibt.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
Alles ist vom Wort geschaffen
Alles wird vom Wort geschaffen, und alles ist dazu gerufen, dem Wort zu dienen. Das bedeutet, dass letztendlich die gesamte Schöpfung dazu bestimmt ist, den Ort der Begegnung zwischen Gott und seinem Geschöpf zu schaffen, einen Ort, wo die Liebe des Geschöpfes auf die göttliche Liebe antwortet. Einen Ort, an dem sich die Liebesgeschichte zwischen Gott und seinem Geschöpf entwickelt.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
In die innere Bewegung des Wortes Gottes eintreten
Das ist eine grosse Gefahr für uns, wenn wir die Heilige Schrift lesen: wir bleiben bei den menschlichen Worten stehen, Worten der Vergangenheit, der vergangenen Geschichte, und wir entdecken in der Vergangenheit nicht die Gegenwart, den heiligen Geist, der in den Worten der Vergangenheit heute zu uns spricht. So treten wir nicht in die innere Bewegung des Wortes Gottes ein, das in menschlichen Worten göttliche Worte verbirgt und offenbart. Deshalb ist dieses "exquisvi" immer notwendig. Wir müssen in den Worten auf der Suche sein nach Gottes Wort.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
In menschlichen Worten das Wort Gottes finden
So ist die Exegese, das wahre Lesen der heiligen Schrift, nicht nur ein literarisches Phänomen, es handelt sich nicht nur um die Lektüre eines Textes. Es ist die Bewegung meines Daseins. Es bedeutet sich auf das Wort Gottes in den menschlichen Worten hinzubewegen. Nur indem wir dem Geheimnis Gottes gleichförmig werden, dem Herrn, der das Wort ist, können wir in das Innere des Wortes eintreten, können wir wirklich in menschlichen Worten das Wort Gottes finden. Bitten wir den Herrn, dass er uns helfen möge, nicht nur mit dem Intellekt, sondern mit unserer ganzen Existenz auf der Suche zu sein, um das Wort zu finden.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
Nur Gott ist unendlich
Alles Menschliche, alles was wir erfinden und schaffen können, ist endlich. Auch alle menschlichen religiösen Erfahrungen sind begrenzt, sie zeigen einen Aspekt der Wirklichkeit, weil unser Sein endlich ist und immer nur einen Teil, einige Elemente versteht: "Latum praeceptum tuum nimis". Nur Gott ist unendlich. Und deshalb ist auch sein Wort universal und kennt keine Grenzen. Wenn wir also in das Wort Gottes eintreten, betreten wir wirklich das göttliche Universum. Wir verlassen die Begrenztheit unserer Erfahrungen und treten ein in die Realität, die wahrhaft universal ist.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
In die grosse Wahrheit Gottes eintreten
Wenn wir in die Gemeinschaft mit dem Wort Gottes eintreten, treten wir in die Gemeinschaft der Kirche ein, die das Wort Gottes lebt. Wir treten nicht ein in eine kleine Gruppe, in die Regeln einer kleinen Gruppe, sondern wir verlassen unsere Begrenztheit. Wir treten hinaus ins Weite, in die wahre Weite der einzigen Wahrheit, der grossen Wahrheit Gottes. Wir sind wirklich im Universalen. Uns so treten wir hinaus in die Gemeinschaft aller Brüder und Schwestern, der ganzen Menschheit, weil in unserem Herzen die Sehnsucht nach dem einen Wort Gottes verborgen ist.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
Das Wort Gottes ist eine Person
"Ich bin dein". Das Wort Gottes ist wie eine Leiter auf der wir hinaufsteigen und mit Christus auch in die Tiefen seiner Liebe hinabsteigen können. Es ist eine Leiter, um zum göttlichen Wort in den Worten zugelangen. Das göttliche Wort hat ein Antlitz, es ist eine Person, Christus. Noch bevor wir sagen können: "Ich bin dein", hat Er schon zu uns gesagt: "Ich bin dein".
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
Im Herzen des Wortes Gottes sein
"Ich bin dein". Bitten wir den Herrn, dass wir lernen können, dieses Wort mit unserem ganzen Leben zu sagen. So werden wir im Herzen des Wortes Gottes sein. So werden wir gerettet sein.
Meditation bei der ersten Arbeitssitzung in der Synodenaula am 6. Oktober 2008
Den tiefen Sinn der heiligen Schriften verstehen
Die Lesungen, die die Liturgie uns heute zur Betrachtung anbietet, erinnern uns daran, dass die Fülle des Gesetzes sowie aller göttlichen Schriften die Liebe ist. Wer also meint, die Schriften oder zumindest irgendeinen Teil von ihnen verstanden zu haben, ohne sich durch ihr Verständnis auch dafür einzusetzen, die zweifache Liebe zu Gott und zum Nächsten aufzubauen, zeigt in Wirklichkeit, dass er noch weit davon entfernt ist, den tiefen Sinn verstanden zu haben. Aber wie soll man dieses Gebot in die Tat umsetzen, wie könnte man die Liebe zu Gott und den Brüdern ohne einen lebendigen und intensiven Kontakt mit den heiligen Schriften leben?
Predigt bei Eucharistiefeier zum Abschluss der Bischofssynode, 26. Oktober 2008
Die wechselseitige Beziehung zwischen Volk und Buch
Der privilegierte Ort, an dem das Wort Gottes, das die Kirche aufbaut, erklingt - wie während der Synode oftmals betont wurde - ist zweifellos die Liturgie. Hier scheint auf, dass die Bibel das Buch eines Volkes und für ein Volk ist: ein Erbe, eine den Lesern übergebene Hinterlassenschaft, damit sie in ihrem Leben die Heilsgeschichte Gegenwart werden lassen, deren schriftliches Zeugnis die Bibel bewahrt. Deshalb gibt es eine Beziehung wechselseitiger, lebenswichtiger Zugehörigkeit zwischen Volk und Buch: die Bibel bleibt ein lebendiges Buch mit dem Volk, seinem Subjekt, das sie liest; das Volk existiert nicht ohne das Buch, denn in ihm findet es seine Daseinsberechtigung, seine Berufung, seine Identität. Diese wechselseitige Zugehörigkeit von Volk und Heiliger Schrift wird in jeder liturgischen Versammlung gefeiert, die durch den Heiligen Geist auf Christus hört, denn er ist es, der spricht, wenn in der Kirche die Schrift gelesen und der erneuerte Bund Gottes mit seinem Volk angenommen wird.
Predigt bei Eucharistiefeier zum Abschluss der Bischofssynode, 26. Oktober 2008
Die betende Antwort des Volkes
Schrift und Liturgie stimmen in dem einen Ziel überein, das Volk Gottes zum Dialog mit dem Herrn sowie zum Gehorsam gegenüber dem Willen des Herrn zu führen. Das aus dem Mund Gottes hervorgegangene und in den Schriften bezeugte Wort kehrt zu ihm zurück in der Form der betenden Antwort des Volkes, einer gelebten Antwort, einer Antwort, die der Liebe entspringt (vgl. Jes 55, 10-11).
Predigt bei Eucharistiefeier zum Abschluss der Bischofssynode, 26. Oktober 2008
Durch den wörtlichen Sinn den geistlichen Sinn suchen
Wie das II. Vatikanische Konzil in der Konstitution Dei Verbum lehrt (Nr.12), erfordert eine gute Bibelexegese sowohl die historisch-kritische als auch die theologische Methode, da die Heilige Schrift Wort Gottes in menschlichen Worten ist. Dies führt dazu, dass jeder Text so gelesen und ausgelegt werden muss, dass der Einheit der ganzen Schrift, der lebendigen Tradition der Kirche und dem Licht des Glaubens Rechnung getragen wird. Wenn es wahr ist, dass die Bibel auch ein literarisches Werk, ja mehr noch: der grosse Kodex der universalen Kultur ist, so ist es gleichermassen wahr, dass sie ihres göttlichen Elements nicht beraubt werden darf, sondern in demselben Geist gelesen werden muss, in dem sie niedergeschrieben worden ist. Wissenschaftliche Exegese und Lectio divina sind somit beide notwendig und ergänzen einander, um durch den wörtlichen Sinn den geistlichen Sinn zu suchen, den Gott uns heute mitteilen will.
Angelus, 26. Oktober 2008
Das Wort Gottes verwandelt uns
Liebe Brüder im priesterlichen Dienst, habt keine Angst, viel Zeit der Lesung, der Meditation der Heiligen Schrift und dem Stundengebet zu widmen! Das mit der Kirche gelesene und meditierte Wort wirkt, fast ohne dass ihr es merkt, auf euch ein und verwandelt euch. Wenn es als Offenbarung der Weisheit Gottes die „Gefährtin“ eures Lebens wird, „gibt“ sie euch „guten Rat“ und ist euer „Trost in Sorge und Leid“ (Weish 8,9).
Vesper in der Kathedrale Notre-Dame in Paris, 12. September 2008
Den Geschmack des Wortes Gottes lebendig halten
Ihr seid dazu berufen, Bewahrer dieses wirksamen Wortes zu werden, welches das bewirkt, was es sagt. Erhaltet in euch immer den Geschmack am Wort Gottes lebendig! Lernt durch dieses Wort, alle Menschen zu lieben, die auf euren Weg gestellt werden. Niemand ist in der Kirche überflüssig, niemand! Jeder kann und muss dort seinen Platz finden.
Vesper in der Kathedrale Notre-Dame in Paris, 12. September 2008
Die Liebe zum Wort Gottes
Es gibt keine Liebe in der Kirche ohne die Liebe zum Wort Gottes; es gibt keine Kirche ohne die Einheit um Christus, der Erlöser; es gibt keine Früchte der Erlösung ohne Liebe zu Gott und zum Nächsten, gemäss den beiden Geboten, die die ganze Heilige Schrift zusammenfassen!
Vesper in der Kathedrale Notre-Dame in Paris, 12. September 2008
Im Gespräch mit Gott
Das Wort Gottes bringt uns selber ins Gespräch mit Gott. Der Gott, der in der Bibel spricht, lehrt uns, wie wir selber mit ihm reden können. Besonders im Buch der Psalmen gibt er uns die Worte, mit denen wir ihn anreden können, unser Leben mit seinen Höhen und Tiefen ins Gespräch mit ihm zu bringen vermögen, so dass dabei das Leben selbst Bewegung auf ihn hin wird.
Ansprache bei der Begegnung mit Vertretern der Kultur im Collège des Bernardins in Paris, 12. September 2008
Die Bibel ist nicht einfach ein Buch
Die Bibel ist rein historisch und literarisch betrachtet nicht einfach ein Buch, sondern eine Sammlung von Literatur, deren Entstehung sich über mehr als ein Jahrtausend hin erstreckt und deren einzelne Bücher man nicht ohne weiteres als eine innere Einheit erkennen kann; sie stehen vielmehr in erkennbarer Spannungen zueinander. Das gilt schon innerhalb der Bibel Israels, die wir Christen als Altes Testament benennen. Es gilt erst recht, wenn wir als Christen das Neue Testament mit seine Schriften sozusagen als hermeneutischen Schlüssel mit der Bibel Israels verbinden und diese so als Weg auf Christus hin verstehen.
Ansprache bei der Begegnung mit Vertretern der Kultur im Collège des Bernardins in Paris, 12. September 2008
Das Wort Gottes kommt durch Menschen zu uns
Die Bibel wird im Neuen Testament im allgemeinen zu Recht nicht als „die Schrift“, sondern als „die Schriften“ bezeichnet, die freilich zusammen dann doch als das eine Wort Gottes an uns angesehen werden. Aber schon dieser Plural macht sichtbar, dass Gottes Wort hier nur durch Menschenwort und Menschenwörter hindurch zu uns kommt, dass Gott nur durch Menschen hindurch, durch deren Worte und deren Geschichte zu uns redet. Dies wieder bedeutet, dass das Göttliche an dem Wort und an den Wörtern nicht einfach zutage liegt. Modern ausgedrückt: Die Einheit der biblischen Bücher und der göttliche Charakter ihrer Worte sind nicht rein historisch greifbar. Das Historische ist die Vielfalt und die Menschlichkeit.
Ansprache bei der Begegnung mit Vertretern der Kultur im Collège des Bernardins in Paris, 12. September 2008
Das Wort Gottes bedarf der Gemeinschaft
Die Schrift bedarf der Auslegung, und sie bedarf der Gemeinschaft, in der sie geworden ist und in der sie gelebt wird, in ihr hat sie ihre Einheit, und in ihr öffnet sich der das Ganze zusammenhaltende Sinn. Noch einmal anders gewendet: Es gibt Dimensionen der Bedeutung des Wortes und der Wörter, die sich nur in der gelebten Gemeinschaft dieser Geschichte stiftenden Wortes öffnen. Durch das zunehmende Wahrnehmen der verschiednen Sinndimensionen wird das Wort nicht entwertet, sondern erscheint erst in seiner ganzen Grösse und Würde. Deswegen kann der Katechismus der katholischen Kirche mit Recht sagen, dass das Christentum nicht einfach eine Buchreligion im klassischen Sinn darstellt (vgl. Nr. 108). Es vernimmt in deren Wörtern das Wort, den „Logos“ selbst, der sein Geheimnis durch diese Vielfalt hindurch ausbreitet.
Ansprache bei der Begegnung mit Vertretern der Kultur im Collège des Bernardins in Paris, 12. September 2008
In der Einheit des Ganzen sind die vielen Bücher ein Buch
Die eigentümliche Struktur der Bibel ist eine immer neue Herausforderung an jede Generation. Sie schliesst von ihrem Wesen her all das aus, was man heute Fundamentalismus nennt. Denn das Wort Gottes selber ist nie einfach schon in der reinen Wörtlichkeit des Textes da. Zu ihm zu gelangen verlangt reine Transzendierung und einen Prozess des Verstehens, der sich von der inneren Bewegung des Ganzen leiten lässt und daher auch ein Prozess des Lebens werden muss. Immer nur in der dynamischen Einheit des Ganzen sind die vielen Bücher ein Buch, zeig sich im Menschenwort und in der menschlichen Geschichte Gottes Wort und Gottes Handeln in der Welt.
Ansprache bei der Begegnung mit Vertretern der Kultur im Collège des Bernardins in Paris, 12. September 2008
Ein „sehendes Herz“ besitzen
Aus dem fügsamen Hören auf Gottes Wort entsteht die Nächstenliebe und mit ihr der uneigennützige Dienst an den Brüdern. […] Die kirchliche Gemeinschaft hat bewiesen, dass sie wie der gute Samariter ein grosses „sehendes Herz“ besitzt, ein, das den notleidenden Bruder sieht, und ihm durch zahllose Werke und Projekte bereitwillig zu Hilfe eilt. Sie weiss, dass „die Liebe in ihrer Reinheit und Absichtslosigkeit das beste Zeugnis für den Gott ist, dem wir glauben und der uns zur Liebe treibt“ (Deus caritas est, 31c). in diesem Sinne ist es sozusagen auch ein „sprechendes Herz“, das das Wort in sich trägt, das tief in seinem Innern wohnt und auf das sie nicht verzichten kann, auch wenn sie manchmal schweigen muss. Wenn die Brüderlichkeit gegenüber den notleidenden Brüdern uns zu vorzüglichen Jüngern des Meisters macht, so macht uns die besondere Hingabe und Fürsorge für sie zu Missionaren der Liebe.
„Ad-limina“-Besuch der Bischöfe von Bolivien, 10. November 2008
Die Schätze die Jesus uns hinterlassen hat
[Im Evangelium] ist die Rede von „einem Mann, der auf Reise ging: er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an“ (Mt 25,14). Der Mann aus dem Gleichnis steht für Christus selbst, die Diener sind die Jünger und die Talente sind die Gaben, die Jesus ihnen anvertraut. Deshalb versinnbildlichen diese Gaben über die natürlichen Qualitäten hinaus die Schätze, die Jesus, der Herr, uns als Erbe hinterlassen hat, damit wir sie Frucht tragen lassen: sein Wort, das im heiligen Evangelium bewahrt ist, die Taufe, die uns im Heiligen Geist erneuert; das Gebet – das „Vaterunser“ -, das wir als im Sohn geeinte Kinder zu Gott erheben; seine Vergebung, die wir, wie er uns aufgetragen hat, allen bringen sollen; das Sakrament seines aufgeopferten Leibes und seines vergossenen Blutes. Mit einem Wort: das mitten unter uns gegenwärtige und lebendige Reich Gottes, das er selbst ist, dass ist der Schatz, den Jesus seinen Freunden am Ende seins kurzen Daseins auf Erden anvertraut hat.
Angelus, 16. November 2008