Barmherzigkeit




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Neu erblühen
Der von der Sünde gelähmte Mensch bedarf des Erbarmens Gottes, und Christus ist gekommen, um ihm diese Barmherzigkeit zu schenken, damit er, im Herzen geheilt, in seiner ganzen Existenz neu erblühen kann.
Angelus, 19. Februar 2006



Die Güte
Gott, der Herr, ist den Gefahren, die in der Geschichte drohten, nicht mit äusserer Gewalt entgegengetreten, wie wir Menschen es aus unserer weltlichen Perspektive heraus erwartet hätten. Seine Waffe ist die Güte. Er hat sich als Kind offenbart, das in einem Stall geboren wurde. Genau so tritt er mit seiner ganz anders gearteten Macht der zerstörerischen Gewalt entgegen. Genau so rettet er uns. Genau so zeigt er uns das, was Rettung bringt.
Ansprache am Weihnachtsempfang für das Kardinalskollegium und die Mitarbeiter der Römischen Kurie, 22. Dezember 2005



Er ist König
Ja, Gott ist ein König. Er regiert ein Reich der Eintracht und des Friedens und ruft alle Menschen auf, seinem neuschaffenden Heilswillen Folge zu leisten. Die höchste Antwort auf die Liebe des Schöpfers ist der freudige Lobpreis des Beters. Dankbar verkündet er seinen Kindern, dass die Königsherrschaft Gottes den Menschen nicht überwältigt, sondern ein Erweis seiner Gnade, seiner Sanftmut und seiner Güte ist. "Sein Erbarmen waltet über all seinen Werken" sagt der Psalmist (Ps 145, V.9). Diese Barmherzigkeit Gottes, die das grösste unter seinen Werken ist, offenbart sich in Jesus Christus. Mehr als alle grossen Werke beeindruckt und berührt das göttliche Erbarmen das Herz des Menschen, den es von innen zu erneuern vermag.
Generalaudienz, 1. Februar 2006



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Barmherzige Gerechtigkeit
Gerecht werden heisst "gerecht gemacht werden", also angenommen zu sein von der barmherzigen Gerechtigkeit Gottes, mit ihm in Gemeinschaft zu treten und infolge dessen eine viel authentischere Beziehung zu allen unseren Brüdern herstellen zu können, auf der Grundlage einer vollkommenen Vergebung unserer Sünden. Paulus sagt also in aller Deutlichkeit, dass dieser Daseinszustand nicht von etwaigen guten Werken unsererseits abhängt, sondern rein von der Gnade Gottes: "Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus" (Röm 3,24).
Generalaudienz, 8. November 2006



Fähig zum Guten und zum Bösen
Das Gleichnis [vom verlorenen Sohn] hilft uns begreifen, wer der Mensch ist: Er ist keine "Monade", kein isoliertes Wesen, das nur für sich allein lebt und das Leben nur für sich selbst haben soll. Im Gegenteil, wir leben mit den anderen, wir sind zusammen mit den anderen erschaffen und nur darin, dass wir bei den anderen sind, uns den anderen hingeben, finden wir das Leben. Der Mensch ist ein Geschöpf, dem Gott sein Bild aufgeprägt hat, ein Geschöpf, das in den Horizont seiner Gnade hineingezogen wird, aber er ist auch ein schwaches Geschöpf und dem Bösen ausgesetzt; er ist jedoch auch zum Guten fähig.
Predigt bei Eucharistiefeier im römischen Jugendgefängnis, 18. März 2007



Vertraut dem göttlichen Erbarmen
Der Heilige Vater Papst Johannes Paul II. hat gewollt, dass dieser Sonntag als Fest der göttlichen Barmherzigkeit begangen werde: In dem Wort Barmherzigkeit fand er das ganze Erlösungsgeheimnis zusammengefasst und für unsere Zeit neu ausgelegt. Er hat in zwei Diktaturen, in der Begegnung mit Armut, Not und Gewalt die Macht der Finsternis tief erfahren, von der die Welt gerade auch in dieser Stunde bedrängt ist. Aber er hat nicht weniger tief erfahren, dass Gott mit seiner ganz anderen, göttlichen Macht all diesen Gewalten entgegentritt: mit der Macht seines Erbarmens. Sie ist es, die dem Bösen eine Schranke setzt. In ihr drückt sich das ganz eigene Wesen Gottes aus – seine Heiligkeit, die Macht der Wahrheit und der Liebe. Nach der ersten Vesper dieses Sonntags ist er vor zwei Jahren heimgegangen, hineingestorben in die Göttliche Barmherzigkeit, von der er so über den Tod hinaus und von Gott her neu zu uns spricht: Vertraut dem göttlichen Erbarmen! Werdet Menschen seines Erbarmens Tag um Tag! Das Erbarmen ist das Lichtgewand, das der Herr uns in der Taufe geschenkt hat. Dieses Licht dürfen wir nicht verlöschen lassen; es soll im Gegenteil Tag um Tag wachsen in uns und so der Welt von Gott Kunde bringen.
Predigt am Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit, 15. April 2007


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Er gedenkt im Kleinen und hilft im Grossen
Gottes Erbarmungen begleiten uns Tag um Tag. Wenn wir nur wachen Herzens sind, können wir sie wahrnehmen. Allzusehr sind wir geneigt, bloss die tägliche Mühsal zu empfinden, die uns als Kindern Adams auferlegt ist. Aber wenn wir unser Herz öffnen, dann können wir mitten darin auch immer wieder sehen, wie gut Gott mit uns ist; wie er gerade im Kleinen unser gedenkt und uns so zum Grossen hilft.
Predigt am Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit, 15. April 2007



Die Armselige und die Barmherzigkeit
Nur zwei bleiben, die Armselige und die Barmherzigkeit. Halten wir inne, liebe Brüder und Schwestern, um uns in diese Szene zu vertiefen, wo die Armseligkeit des Menschen und die göttliche Barmherzigkeit einander gegenüberstehen: eine Frau, die einer grossen Sünde beschuldigt worden war, und Er, der, obwohl er ohne Sünde war, die Sünden der ganzen Welt, unsere Sünden auf sich geladen hat. Er, der sich gebückt hatte, um in den Staub zu schreiben, hebt jetzt den Blick und begegnet dem Blick der Frau. Er fragt nicht nach Erklärungen. Es ist nicht ironisch gemeint, wenn er sie fragt: "Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt?" (Joh 8,10). Und er ist erschütternd in seiner Antwort: "Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!" (8,11). Und wieder bemerkt der Hl. Augustinus in seinem Kommentar: "Der Herr verurteilt die Sünde, nicht den Sünder. Hätte er nämlich die Sünde geduldet, hätte er gesagt: Auch ich verurteile dich nicht, geh, Lebe, wie du willst..., wie gross auch deine Sünden sein mögen, ich werde dich von jeder Strafe und von jedem Leid befreien. Aber so hat er nicht gesprochen" (In Io. Ev. tract. 33,6).Er sagte: "Geh und sündige nicht mehr".
Predigt in der Pfarrei "Santa Felicita e figli martiri" in Rom, 25. März 2007



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Das Gute ist gut und das Böse schlecht
Um Missverständnisse zu vermeiden, muss man feststellen, dass die Barmherzigkeit Jesu sich nicht darin zeigt, dass sie das Sittengesetz ausklammert. Für Jesus ist das Gute gut und dass Böse schlecht. Die Barmherzigkeit verändert nicht die Merkmale der Sünde, aber sie verbrennt sie in einem Feuer der Liebe. Dieser reinigende und heilmachende Effekt verwirklicht sich, wenn es im Menschen eine Entsprechung der Liebe gibt, die die Anerkennung des Gesetzes Gottes, die aufrichtige Reue, den Vorsatz, ein neues Leben zu führen, einschliesst. Der Sünderin im Evangelium wird viel vergeben, denn sie hat viel geliebt. In Jesus schenkt Gott uns Liebe und bittet uns um Liebe.
Predigt beim Pastoralbesuch in Assisi, 17. Juni 2007



Auf die Barmherzigkeit Gottes vertrauen
In unserer Zeit hat es die Menschheit nötig, dass die Barmherzigkeit Gottes kraftvoll verkündigt und bezeugt wird. Prophetisch ahnte diese Pastorale Dringlichkeit der Geliebte Johannes Paul II., der ein grosser Apostel der göttlichen Barmherzigkeit gewesen ist. Dem barmherzigen Vater widmete er seine zweite Enzyklika, und während seines ganzen Pontifikats machte er sich zum Missionar der Liebe Gottes bei allen Völkern. Nach den tragischen Ereignissen des 11. September 2001, die den Beginn des dritten Jahrtausends verdunkelten, forderte er die Christen und die Menschen guten Willens auf zu glauben, dass die Barmherzigkeit Gottes stärker als alles Böse ist, und dass sich nur im Kreuz Christi das Heil der Welt findet. Die Jungfrau Maria, Mutter der Barmherzigkeit, die wir gestern als die Schmerzhafte Mutter Gottes zu Füssen des Kreuzes betrachtet haben, erwirke für uns die Gabe, immer auf die Liebe Gottes zu vertrauen, und sie helfe uns, barmherzig zu sein wie unser Vater im Himmel.
Angelus, 16. September 2007


Die barmherzige Liebe des himmlischen Vaters erfahren lassen
Wer viel Liebe zeigt, dem vergibt Gott alles. Wer auf sich selbst und seine eigenen Verdienste vertraut, ist durch sein Ich wie geblendet, und sein Herz verhärtet sich in der Sünde. Wer dagegen erkennt, dass er schwach und sündig ist, vertraut sich Gott an und erhält von ihm Gnade und Vergebung.
bild Es ist notwendig, eben diese Botschaft zu vermitteln: Am wichtigsten ist es, verständlich zu machen, dass man im Sakrament der Versöhnung - ganz gleich, welche Sünde man begangen hat, wenn man sie demütig bekennt und vertrauensvoll zum Beichtvater geht - immer die Freude der Vergebung Gottes erfährt, die inneren Frieden schenkt . In dieser Hinsicht kommt eurem Kurs grosse Bedeutung zu: Sein Ziel ist es, Beichtväter auszubilden, die unter dem Gesichtspunkt der Lehre gut qualifiziert und in der Lage sind, die Pönitenten die barmherzige Liebe des himmlischen Vaters erfahren zu lassen. Stimmt es etwa nicht, dass wir heute einer gewissen Entfremdung von diesem Sakrament gegenüberstehen? Wenn man nur auf dem Sündenbekenntnis besteht - das es natürlich geben muss, und man muss den Gläubigen helfen, seine Bedeutung zu verstehen -, dann läuft man Gefahr, den zentralen Punkt dieses Sakraments, also die persönliche Begegnung mit Gott, dem gütigen und barmherzigen Vater, in den Hintergrund zu drängen. Im Mittelpunkt der Feier des Sakraments steht nicht die Sünde, sondern die Barmherzigkeit Gottes, die unendlich grösser ist als alle unsere Schuld.
Ansprache für die Teilnehmer an einem Kurs der Apostolischen Pönitentiarie, 7. März 2008



Die Umkehr der Herzen ist notwendig
Die Jungfrau Maria hat im Verlauf der Kirchengeschichte nichts anderes getan, als ihre Kinder aufzufordern, zu Gott zurückzukehren, sich ihm im Gebet anzuvertrauen, mit vertrauensvoller Beharrlichkeit an die Tür seines barmherzigen Herzens zu klopfen. Er wünscht in Wahrheit nichts anderes, als die reiche Fülle seiner Gnade über die Welt auszugiessen: "Barmherzigkeit und nicht Gerechtigkeit", flehte Maria, die wusste, dass sie sicherlich bei ihrem Sohn Jesus Gehör gefunden hätte, sich aber ebenso der notwendigen Umkehr der Herzen der Sünder bewusst war. Deshalb hat sie zum Gebet und zur Busse aufgefordert.
Predigt bei Eucharistiefeier in Savona, 17. Mai 2008



Das Leben wählen
Der Kult des materiellen Besitzes, der Kult possessiver Liebe und der Kult der Macht verleiten die Menschen oft dazu, "Gott spielen" zu wollen: zu versuchen, eine totale Kontrolle auszuüben, ohne Rücksicht auf die Weisheit oder die Gebote, die Gott uns bekannt gemacht hat. Das ist der Weg der zum Tod führt. Im Gegensatz dazu bedeutet Anbetung des einen wahren Gottes, in ihm die Quelle alles Guten zu erkennen, uns ihm anzuvertrauen, uns der heilenden Kraft seiner Gnade zu öffnen und seinen Geboten zu gehorchen: das ist der Weg, das Leben zu wählen.
Ansprache an die Jugendlichen der Wiedereingliederungsgemeinschaft der Universität "Notre Dame", 18. Juli 2008



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Jesu Liebe ruft besonders die Kranken und die Sünder
In allen Evangelien waren es diejenigen, die auf Abwege geraten waren, denen Jesus besondere Liebe entgegenbrachte, denn wenn sie erst einmal ihren Fehler eingestanden hatten, waren sie umso offener für seine heilende Botschaft. Tatsächlich wurde Jesus oft von selbstgerechten Gliedern der Gesellschaft kritisiert, dass er so viel Zeit mit solchen Leuten verbrachte. "Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?", fragten sie. Und er antwortete: "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken... Ich bin nicht gekommen, um die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder" (vgl. Mit 9,11-13). Diejenigen, die willig waren, ihr Leben umzugestalten, waren am meisten bereit, auf Jesus zu hören und seine Jünger zu werden. Ihr könnt in ihre Fussstapfen treten, auch Ihr könnt Jesus besonders nahe kommen, gerade weil Ihr euch entschlossen habt, zu ihm umzukehren. Ihr könnt sicher sein, dass Jesus, genau so wie der Vater in der Erzählung vom verlorenen Sohn, Euch mit offenen Armen empfängt. Er bietet euch bedingungslose Liebe an - und in der liebenden Freundschaft mit ihm findet man die Fülle des Lebens.
Ansprache an die Jugendlichen der Wiedereingliederungsgemeinschaft der Universität "Notre Dame", 18. Juli 2008