Angelus Domini im Hippodrom von Randwick
Ansprache von Papst Benedikt XVI.
Sonntag, 20. Juli 2008
Liebe junge Freunde!
Wir werden jetzt gemeinsam das schöne Gebet des „Engel des Herrn“ beten. Dabei denken wir über Maria nach, eine junge Frau im Gespräch mit dem Engel, der sie im Namen Gottes zu einer besonderen Hingabe ihrer selbst, ihres Lebens, ihrer Zukunft als Frau und Mutter einlädt. Wir können uns vorstellen, wie sich Maria in diesem Augenblick gefühlt haben muß: ganz bang, völlig überwältigt von der Zukunftsperspektive, die ihr eröffnet wurde.
Der Engel verstand ihre Furcht und versuchte sogleich, sie zu beruhigen: „Fürchte dich nicht, Maria ... Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ (Lk 1,30.35). Der Geist war es, der ihr die Kraft und den Mut gab, dem Ruf des Herrn zu antworten. Der Geist half ihr, das große Geheimnis zu erfassen, das durch sie verwirklicht werden sollte. Der Geist umgab sie mit seiner Liebe und befähigte sie, den Sohn Gottes in ihrem Schoß zu empfangen.
Diese Szene ist vermutlich der Angelpunkt in der Geschichte der Beziehung Gottes zu seinem Volk. Im Alten Testament hatte sich Gott teilweise und allmählich zu erkennen gegeben, so wie wir alle es in unseren persönlichen Beziehungen tun. Es brauchte Zeit, damit das auserwählte Volk seine Beziehung zu Gott vertiefen konnte. Der Bund mit Israel war wie eine Zeit des Werbens, eine lange Verlobung. Dann kam der Moment der Endgültigkeit, der Augenblick der Hochzeit, die Verwirklichung eines neuen und ewigen Bundes. In diesem Augenblick vertrat Maria vor dem Herrn die ganze Menschheit. In der Botschaft des Engels war es Gott selbst, der der Menschheit einen Heiratsantrag machte. Und in unserem Namen hat Maria ja gesagt.
In den Märchen enden die Erzählungen an diesem Punkt, und es heißt: „Und von da an lebten sie glücklich und zufrieden“. Im wirklichen Leben ist es nicht so einfach. Mit vielen Schwierigkeiten mußte Maria sich messen, als die Folgen dieses „Ja“, das sie dem Herrn gegeben hatte, auf sie zukamen. Simeon sagte voraus, daß ihr ein Schwert das Herz durchbohren werde. Als Jesus zwölf Jahre alt war, erlebte sie die schlimmsten Alpträume, die Eltern durchmachen können, als sie drei Tage lang mit dem Verlust ihres Sohnes fertig werden mußte. Und nach dem öffentlichen Leben Jesu hat sie die Agonie erlitten, bei seiner Kreuzigung und seinem Tod zugegen zu sein. Durch die verschiedenen Prüfungen hindurch blieb sie – unterstützt vom Geist der Stärke –ihrem Versprechen immer treu. Und dafür wurde sie mit der Herrlichkeit des Himmels belohnt.
Liebe Jugendliche, auch wir müssen dem Jawort treu bleiben, mit dem wir die Freundschaft angenommen haben, die uns von seiten des Herrn angeboten wurde. Wir wissen, daß er uns nie verlassen wird. Wir wissen, daß er uns immer mit den Gaben des Geistes unterstützen wird. Maria hat den „Antrag“ des Herrn in unserem Namen angenommen. Und jetzt wollen wir uns an sie wenden und sie bitten, uns in den Schwierigkeiten zu führen, damit wir dieser lebenswichtigen Beziehung treu bleiben, die Gott mit einem jeden von uns eingegangen ist. Maria ist unser Beispiel und unser Vorbild; sie tritt bei ihrem Sohn für uns ein, und mit mütterlicher Liebe bewahrt sie uns vor Gefahren.
Nach dem Angelus
Liebe Freunde!
Es ist jetzt so weit, daß wir uns Lebewohl sagen, oder besser: Auf Wiedersehen! Ich danke Euch allen für Eure Teilnahme am Weltjugendtag 2008 hier in Sydney und hoffe, daß wir uns in drei Jahren wiedersehen. Der Weltjugendtag 2011 wird in Madrid in Spanien stattfinden. Bis dahin wollen wir füreinander beten und vor der Welt unser freudiges Zeugnis für Christus ablegen. Der Herr segne Euch alle.
BENEDICTUS PP. XVI