Leben und Weg des Hl.Paulus




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Der Glaube des Hl.Paulus
Im Brief an die Galater hat er uns ein ganz persönliches Glaubensbekenntnis geschenkt, in dem er vor den Lesern aller Zeiten sein Herz auftut - sagt, was die innerste Triebkraft seines Lebens ist: "... Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat" (2,20). Alles, was Paulus tut, geschieht von dieser Mitte her. Sein Glaube ist die Erfahrung des ganz persönlichen Geliebtseins von Jesus Christus; er ist Wissen darum, dass Christus nicht irgendwie ins Allgemeine hinein gestorben ist, sondern ihn - Paulus -geliebt hat und als Auferstandener ihn heute liebt; dass er für ihn sich gegeben hat. Sein Glaube ist das Getroffensein von der Liebe Jesu Christi, die ihn bis ins Innerste erschüttert und umwandelt. Sein Glaube ist nicht eine Theorie, nicht eine Meinung über Gott und die Welt. Sein Glaube ist das Auftreffen der Liebe Gottes in seinem Herzen. Und so ist dieser Glaube selbst Liebe zu Jesus Christus.
Predigt bei der Vesper zur Eröffnung des Paulusjahres in Sankt Paul vor den Mauern, 28. Juni 2008



Paulus war ein Liebender
Paulus wird von vielen vor allem als streitbarer Mann hingestellt, der das Schwert des Wortes zu führen weiss. In der Tat, an Auseinandersetzungen hat es auf seinem Weg als Apostel nicht gefehlt. Er hat nicht nach oberflächlicher Harmonie gesucht. In dem ersten seiner Briefe, der an die Thessalonicher ging, sagt er selber. "Wir haben... das Evangelium Gottes trotz harter Kämpfe freimütig und furchtlos bei euch verkündet. Nie haben wir mit unseren Worten zu schmeicheln versucht, das wisst ihr" (1 Thess 2,2.5). Die Wahrheit war ihm zu gross, als dass er bereit gewesen wäre, sie für den äusseren Erfolg zu opfern. Die Wahrheit, die er in der Begegnung mit dem Auferstandenen erfahren hatte, war ihm des Streites, der Verfolgung, des Leidens wert. Aber was ihn zuinnerst trieb, war das Geliebtsein von Jesus Christus und das Weitergeben dieser Liebe. Paulus war ein Liebender, und all sein Wirken und Leiden erklärt sich nur von dieser Mitte her.
Predigt bei der Vesper zur Eröffnung des Paulusjahres in Sankt Paul vor den Mauern, 28. Juni 2008



Die Freiheit
Nehmen wir uns nur eines seiner [des Hl.Paulus] Herzworte vor: die Freiheit. Die Erfahrung des radikalen Geliebtseins von Christus hatte ihm die Wahrheit und den Weg der menschlichen Existenz sichtbar gemacht - alles war darin enthalten. Paulus war frei als ein von Gott Geliebter und von im her Mitliebender. Diese Liebe ist nun das "Gesetz" seines Lebens und eben so die Freiheit seines Lebens. Er spricht und handelt aus der Verantwortung der Liebe heraus. Freiheit und Verantwortung sind hier untrennbar eins.
bildWeil er in der Verantwortung der Liebe steht, ist er frei; weil er ein Liebender ist, lebt er ganz in der Verantwortung dieser Liebe und nimmt Freiheit nicht als Deckmantel für Willkür und Egoismus. Aus dem gleichen Geist heraus hat der hl. Augustinus das berühmt gewordene Wort formuliert; "Dilige et quod vis fac" (Tract 1Joa 7,7_8) - liebe und tue, was du willst. Wer Christus wie Paulus liebt, kann in der Tat tun, was er will. Weil seine Liebe dem Willen Christi und so dem Willen Gottes geeint ist - weil sein Wille festgemacht ist in der Wahrheit und weil sein Wille nicht mehr der blosse Eigenwille, die Willkür des autonomen Ich ist, sondern hineingenommen ist in die Freiheit Gottes und von ihr her den Weg empfängt.
Predigt bei der Vesper zur Eröffnung des Paulusjahres in Sankt Paul vor den Mauern, 28. Juni 2008



"Warum verfolgst du mich?"
Der Herr ruft ihm zuerst zu "Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich? " Auf die Frage hin; "Wer bist du, Herr? Erfolgt die Antwort; "Ich bin Jesus, den du verfolgst" (Apg 9,4f).Indem Saulus die Kirche verfolgt, verfolgt er Jesus selbst. "Du verfolgst mich:" Jesus identifiziert sich mit der Kirche in einem einzigen Subjekt. In diesem Ruf des Auferstandenen, der das Leben des Saulus umwandelte, ist im Grund schon die ganze Lehre von der Kirche als Leib Christi enthalten. Christus hat sich nicht in dem Himmel zurückgezogen und auf Erden eine Schar von Anhängern zurückgelassen, die "seine Sache" weiter betreiben, die Kirche ist nicht ein Verein, der eine bestimmte Sache voranbringen will. In ihr geht es nicht um eine Sache. In ihr geht es um die Person Jesus Christi, der auch als Auferstandener Fleisch geblieben ist. Er hat Fleisch und Knochen" (Lk 24,39). So hat es der Auferstandene bei Lukas zu den Jüngern, die ihn für einen Geist gehalten hatten. Er hat Leib. Er ist selbst da in seiner Kirche, "Haupt und Leib" ein einziges Subjekt, wird Augustinus sagen.
Predigt bei der Vesper zur Eröffnung des Paulusjahres in Sankt Paul vor den Mauern, 28. Juni 2008



Petrus und Paulus: Bürger von Rom
Durch ihr Martyrium gehören sie nun - Petrus und Paulus - zu Rom: Durch das Martyrium ist auch Petrus zum römischen Bürger für immer geworden. Durch das Martyrium, durch ihren Glauben und ihre Liebe zeigen sie, wo die wahre Hoffnung ist, und sind Gründer einer neuen Art von Stadt, die immer neu sich bilden muss inmitten der alten menschlichen Stadt, die von den Gegengewichten der Sünde und der Eigensucht der Menschen bedroht bleibt.
Homilie an der Eucharistiefeier im Petersdom am Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus, 29. Juni 2008



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Petrus und Paulus gehören zueinander
Durch ihr Martyrium gehören Petrus und Paulus für immer zueinander. Ein Lieblingsbild der christlichen Ikonographie ist die Umarmung der beiden Apostel auf dem Weg zum Martyrium. Wir dürfen sagen: Ihr Martyrium selbst ist im tiefsten der Vorgang einer brüderlichen Umarmung. Sie sterben für den einen Christus und sind eins in dem gemeinsamen Zeugnis, für das sie ihr Leben hingeben. In den Schriften des Neuen Testaments können wir aber gleichsam die Geschichte ihrer Umarmung, dieses Einswerden in Zeugnis und Auftrag verfolgen. Es beginnt damit, dass Paulus drei Jahre nach seiner Bekehrung nach Jerusalem geht, "um Kephas kennenzulernen" (Gal 1,18). Vierzehn Jahre danach steigt er noch einmal nach Jerusalem hinauf, um den "Angesehenen" das Evangelium vorzulegen, wie er es verkündigt, "damit ich nicht ins Leere laufe oder gelaufen bin" (Gal 2,1f.). Diese Begegnung endet damit, dass ihm Jakobus, Kephas und Johannes die Hand reichen und so die Communio bekräftigen, die sie im einen Evangelium Jesu Christi verbindet (Gal 2,9).Ich finde es als ein schönes Zeichen dieser wachsenden inneren Umarmung, die in aller Verschiedenheit der Temperamente und der Aufträge vor sich geht, dass die Mitarbeiter, die Petrus am Ende seines ersten Briefes erwähnt, ebenso enge Mitarbeiter des hl. Paulus sind: Silvanus und Markus. In der Gemeinsamkeit der Mitarbeiter wird die Gemeinsamkeit der einen Kirche, die Umarmung der grossen Apostel ganz konkret sichtbar.
Homilie an der Eucharistiefeier im Petersdom am Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus, 29. Juni 2008



Der Weg des Hl.Paulus nach Rom
Paulus ist als Gefangener nach Rom gekommen aber zugleich als römischer Bürger, der als solcher nach seiner Verhaftung in Jerusalem Berufung an den Kaiser eingelegt hatte und zu dessen Gericht gebracht wurde. Paulus ist aber noch in einem tieferen Sinn freiwillig nach Rom gekommen. Er war Rom schon durch den grössten seiner Briefe innerlich entgegengegangen: An die Kirche in Rom hat er das Schreiben gerichtet, das am meisten die Synthese seiner ganze Verkündigung und seines Glaubens ist. In der Grussadresse des Briefes sagt er, dass vom Glauben der Christen zu Rom alle Welt spricht, dass dieser Glaube also als vorbildlich in der ganzen Welt bekannt ist (Röm 1,8). Und dann schreibt er: "Ihr sollt wissen, Brüder, dass ich mir schon oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen, aber bis heute daran gehindert wurde" (1,13). Am Schluss des Briefes greift er diesen Faden wieder auf und spricht nun von seinem Plan nach Spanien zu reisen. "Auf dem Weg dorthin hoffe ich euch zu sehen und dann von euch für die Weiterreise ausgerüstet zu werden, nachdem ich mich einige Zeit an euch erfreut habe" (15,24). "Ich weiss aber, wenn ich zu euch komme, werde ich mit der Fülle des Segens Christi kommen" (15,29).
Zweierlei wird hier sichtbar: Rom ist für Paulus eine Etappe auf dem Weg nach Spanien, das heisst nach seinem Weltbild ans Ende der Erde. Er sieht es als seine Sendung an, den Auftrag Christi wahr zu machen, das Evangelium bis ans Ende der Welt zu tragen. In diesen Weg hinein gehört Rom. Während er sonst nur an Orte geht, in denen das Evangelium noch nicht verkündet ist, ist Rom eine Ausnahme. Er findet dort eine Kirche vor, von deren Glauben die Welt spricht. Der Weg nach Rom gehört in die Universalität seiner Sendung zu allen Völkern hinein. Der Weg nach Rom, den er vor der äusseren Fahrt inwendig schon mit seinem Brief gegangen war, ist ein wesentlicher Teil seines Auftrags, das Evangelium zu allen Völkern zu bringen - die katholische, die weltweite Kirche zu gründen. Das Gehen nach Rom ist für ihn Ausdruck der Katholizität seiner Sendung. Rom soll den Glauben für alle Welt sichtbar machen, der Ort der Begegnung im einen Glauben sein.
Homilie an der Eucharistiefeier im Petersdom am Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus, 29. Juni 2008



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Die Welt selbst soll Anbetung Gottes werden
Er [der Hl.Paulus] weiss sich berufen, " als Liturge Jesu Christi für die Völker zu dienen, das Evangelium Gottes priesterlich zu verwalten, auf dass die Heidenvölker zu einer Opfergabe werden, die Gott gefällt, geheiligt im heiligen Geist" (Röm 15,16). Nur in diesem Vers gebraucht Paulus das Wort "hierourgein" - priesterlich verwalten - zusammen mit "leitourgós" - Liturge: er spricht von der kosmischen Liturgie, in der die Welt der Menschen selbst Anbetung Gottes, Opfer im heiligen Geist werden soll. Dann ist die Welt an ihrem Ziel, dann ist sie heil. Wenn sie als ganze Liturgie Gottes, in ihrem Sein Anbetung geworden ist. Dieses ist das letzte Ziel der apostolischen Sendung des Paulus und unserer Sendung. In diesen Dienst ruft uns der Herr.
Homilie an der Eucharistiefeier im Petersdom am Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus, 29. Juni 2008



Die Überzeugung des Hl. Paulus
Wir sehen eine Einsatz, der sich einzig und allein erklären lässt durch eine Seele, die wirklich vom Licht des Evangeliums fasziniert und in Christus verliebt ist; eine Seele, die von einer tiefen Überzeugung getragen ist. Wir müssen der Welt das Licht Christi bringen und allen das Evangelium verkünden.
Generalaudienz, 27. August 2008



Die Neuheit des Christentums
Christentum ist nicht eine Ansammlung von Ideen oder ein Moralismus, Christentum ist das Ereignis, dass Gott im fleischgewordenen Christus in die Welt hereingetreten ist und in unser Leben hereintritt. Daraus ergeben sich dann auch Ideen und Erkenntnis und eine Offenheit für jede Wahrheit. Aber das Entscheidende ist die Begegnung. Es war für Paulus so, und es bleibt so. Die Neuheit des Christentums ist, dass nicht wir etwas schliesslich erdacht und erkannt haben, sondern dass Gott in Christus auf uns zuging. Wer dies erkennt, dem geht es wie Paulus: seine Massstäbe sind von Christus her geordnet. So sind sie recht, und er kann sie nicht für sich behalten, er muss anderen mitteilen von dem, was ihm geschenkt wurde.
Generalaudienz, 3. September 2008



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Bekehrt durch ein Ereignis
Der hl. Paulus ist also nicht von einem Gedanken, sondern von einem Ereignis verwandelt worden, von der unwiderstehlichen Gegenwart des Auferstandenen, an der er fortan nie zweifeln können wird, so stank war die Offenkundigkeit des Ereignisses, dieser Begegnung. Sie änderte das Leben des Paulus grundlegend; in diesem Sinn kann und muss man von einer Bekehrung sprechen.
Generalaudienz, 3. September 2008



Paulus, ein wahrer Apostel
Der Auferstandene hat zu Paulus gesprochen, er hat ihn zum Apostolat berufen, aus ihm einen wahren Apostel gemacht, einen Zeugen der Auferstehung, mit dem besonderen Auftrag, das Evangelium den Heiden der griechisch-römischen Welt, zu verkünden. Und gleichzeitig hat Paulus gelernt, dass er trotz der Unmittelbarkeit seiner Beziehung zum Auferstandenen in die Gemeinschaft der Kirche eintreten muss, dass er sich taufen lassen und im Einklang mit den anderen Aposteln leben muss. Nur in dieser Gemeinschaft mit allen wird er ein wahrer Apostel sein können, wie er im Ersten Brief an die Korinther ausdrücklich schreibt: "Ob nun ich verkündige oder die anderen: das ist unsere Botschaft, und das ist der Glaube, den ihr angenommen habt" (15,11). Es gibt nur eine Verkündigung des Auferstandenen, denn Christus gibt es nur einen.
Generalaudienz, 3. September 2008



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Die Bekehrung des Hl. Paulus
Diese Wende seines Lebens, diese Verwandlung seines ganzen Seins war nicht das Ergebnis eines psychologischen Prozesses, einer intellektuellen oder moralischen Reifung oder Evolution, sondern sie kam von aussen: sie war nicht das Ergebnis seines Denkens, sondern der Begegnung mit Jesus Christus, in diesem Sinne war es nicht einfach eine Bekehrung, ein Reifwerden seines "Ich", sondern es war Tod und Auferstehung für ihn selbst: eine Existenz starb, und eine andere neue entstand daraus mit dem auferstandenen Christus. Auf keine andere Weise kann diese Erneuerung des Paulus erklärt werden. Sämtliche psychologischen Analysen können das Problem weder klären noch lösen. Allein das Ereignis, die starke Begegnung mit Christus, ist der Schlüssel zum Verstehen dessen, was geschehen, war; Tod und Auferstehung, Erneuerung durch den, der sich ihm gezeigt und mit ihm gesprochen hatte, in diesem tieferen Sinn können und müssen wir von Bekehren sprechen. Diese Begegnung ist eine wirkliche Erneuerung, die alle seine Massstäbe geändert hat. Jetzt kann er sagen, dass das, was vorher für ihn wesentlich und grundlegend war, zu "Unrat" geworden ist; es ist kein "Verdienst" mehr, sondern Verlust, weil nunmehr allein das Leben in Christus zählt.
Generalaudienz, 3. September 2008



Was bedeutet die Bekehrung des Hl. Paulus für uns?
Was will das für uns besagen? Es will heissen, dass auch für uns das Christentum keine neue Philosophie oder eine neue Moral ist. Wir sind nur dann Christen, wenn wir Christus begegnen. Gewiss zeigt er sich uns nicht auf diese unwiderstehliche, leuchtende Art, wie er es mit Paulus getan hat, um aus ihm den Apostel aller Völker zu machen. Aber auch wir können Christus begegnen, in der Lektüre der Heiligen Schrift, im Gebet, im liturgischen Leben der Kirche. Wir können das Herz Christi berühren und spüren, dass er unser Herz berührt. Erst in dieser persönlichen Beziehung mit Christus, erst in dieser Begegnung mit dem Auferstandenen werden wir wirklich Christen. Und so öffnet sich unsere Vernunft, es eröffnet sich uns die ganze Weisheit Christi und der ganze Reichtum der Wahrheit. Wir bitten also den Herrn, dass er uns erleuchte, dass er uns in unserer Welt die Begegnung mit seiner Gegenwert schenke, und uns so einen lebendigen Glauben, ein offenes Herz, eine grosse Liebe für alle gebe, die fähig ist, die Welt zu erneuern.
Generalaudienz, 3. September 2008



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Apostel sein: ein Auftrag
Der Apostel ist jemand, der nicht von sich selber redet, sondern jemand, der Christus, sein Evangelium verkündet und dadurch Kirche schafft, Gemeinschaft aus dem Glauben und Gemeinschaft in Jesus Christus und in seinen Sakramenten. So sehen wir an Paulus, dass
"Apostel" nicht etwa ein Ehrentitel ist, etwas, was man anstrebt, eine Karriere, sondern ein Auftrag, der den Menschen ganz in Beschlag nimmt, so dass sein persönliches Interesse dahinter zurücktreten muss, er auf das Eigene und Gewünschte verzichtet und sich ganz in den Dienst des Herrn stellt.
Generalaudienz, 10. September 2008



Zeugen Jesu Christi sein
Auch wenn das Apostolat Pauli und der Zwölf unwiederholbar ist: Der innerste Kern des Auftrags bleibt, dass auch wir als Gläubige, denen der Herr begegnet ist, gerufen sind, Zeugen von ihm zu sein, nicht zuallererst an uns selbst zu denken, sondern daran, sein Licht, sein Wahrheit, seine Liebe zu den Menschen zu bringen. Dann fällt all dieses Grosse und Schöne auf uns selbst zurück und gibt uns ein reiches Leben. Nur wer sich verliert, gewinnt sich, sagt der Herr. Und an Paulus können wir das ganz lebendig dargestellt sehen.
Generalaudienz, 10. September 2008



Der Hl. Paulus ist unser Lehrer
Paulus ist für uns nicht nur eine Gestalt der Vergangenheit, derer wir achtungsvoll gedenken. Er ist auch unser Lehrer, er ist auch für uns Apostel und Verkünder Jesu Christi. Ja, er ist unser Lehrer, und von ihm müssen wir lernen, die Völker, zu denen wir gesandt sind, mit Wohlwollen zu betrachten. Von ihm müssen wir auch lernen, in Christus das Licht und die Gnade zu suchen, um heute die Frohe Botschaft zu verkünden: ihn müssen wir uns zum Vorbild nehmen, um unermüdlich die menschlichen und geographischen Wege der heutigen Welt zu durchschreiten und Christus zu denen zu bringen, die ihm bereits das Herz geöffnet haben, und auch zu denen, die ihn noch nicht kennen.
Ansprache an die neuernannten Bischöfe, 20. September 2008



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Paulus ging dem Leiden nicht aus dem Weg
Er ging den Schwierigkeiten und Leiden nicht aus dem Weg, denn er war sich sehr wohl bewusst, dass sie zu dem Kreuz gehören, das wir als Christen tagtäglich zu tragen haben. Er verstand die Lage, in die der Ruf Christi den Jünger versetzt, bis ins Tiefste: "Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Mt 16,24). Daher legte er seinem geistliche Sohn und Jünger Timotheus ans Herz: "Leide mit mir für das Evangelium" (2Tim 1,8). Auf diese Weise wies er darauf hin, dass die Evangelisierung und ihr Erfolg über das Kreuz und das Leiden führen. Und diese Worte legt er einem jeden von uns ans Herz. Das Leiden vereint mit Christus und mit den Brüdern und bringt die Fülle der Liebe zum Ausdruck, deren Quelle und höchster Beweis das Kreuz Christi ist.
Ansprache an die neuernannten Bischöfe, 20. September 2008



Eine starke Liebe
Die Liebe des Paulus zu Christus berührt uns durch ihre Intensität. Seine Liebe war so stark und so lebendig, dass sie ihn sagen liess: "Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen" (Phil 3,8). Das Vorbild des grossen Apostels ruft uns Bischöfe auf, jeden Tag in der Heiligkeit des Lebens zu wachsen, um so gesinnt zu sein, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht (vgl. Phil 2,5).
Ansprache an die neuernannten Bischöfe, 22. September 2008



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Der missionarische Geist des Hl.Paulus
Worin aber bestand das Geheimnis des Völkerapostels? Der missionarische Eifer und der Kampfgeist, durch die er sich auszeichnete, lassen sich durch die Tatsache erklären, dass er "von Christus ergriffen" (Phil 3,12) war und so eng mit Ihm verbunden blieb, dass er an seinem Leben Anteil hatte "durch die Gemeinschaft mit seinen Leiden" (Phil 3,10; vgl. auch Röm 8,17; 2 Kor 4,8-12; Kol 1,24). Dies ist die Quelle des apostolischen Eifers des Hl. Paulus, der über sich erzählt: …Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, [offenbarte] mir in seiner Güte seinen Sohn, damit ich ihn unter den Heiden verkündige…" (Gal 1,15- 16; vgl. auch Röm 15,15-16). Mit Christus fühlte er sich "mitgekreuzigt", so dass er schliesslich von sich sagen konnte: "nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir" (Gal 2,20). Und keine Schwierigkeit konnte ihn davon abhalten, sein mutiges Werk der Evangelisierung in kosmopolitischen Städten wie Rom und Korinth fortzusetzen, deren Bevölkerung zu jener Zeit wie ein Mosaik aus verschiedensten Ethnien und Kulturen zusammengesetzt war.
Botschaft zum 95. Welttag des Migranten und Flüchtlings (2009), 24. August 2008



Das Kreuz offenbart "die Kraft Gottes"
Warum aber hat Paulus gerade dieses Wort vom Kreuz zum Kernpunkt seiner Verkündigung gemacht? Die Antwort fällt nicht schwer: das Kreuz offenbart "die Kraft Gottes" (vgl. 1 Kor 1,24), die sich von der menschlichen Kraft unterscheidet: es offenbart nämlich seine Liebe: "Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen" (ebd. V. 25). Im Abstand von Jahrhunderten seit Paulus sehen wir, dass in der Geschichte das Kreuz gesiegt hat und nicht die Weisheit, die sich dem Kreuz widersetzt. Der Gekreuzigte ist Weisheit, weil er tatsächlich offenbar macht, wer Gott ist, nämlich die Kraft der Liebe, die bis ans Kreuz geht, um den Menschen zu retten.
Generalaudienz, 29. Oktober 2008



In die Kraft Gottes eintreten
Auch wir können in diesen Dienst der Versöhnung eintreten, der immer den Verzicht auf die eigene Überlegenheit und die Entscheidung für die Torheit der Liebe voraussetzt. Der Hl.Paulus hat auf sein Leben verzichtet, als er sich selbst ganz für den Dienst der Versöhnung, den Dienst des Kreuzes, das Rettung für uns alle ist, hingegeben hat. Und das sollen auch wir tun können: wir können unsere Kraft in der Demut der Liebe und unsere Weisheit in der Schwachheit des Verzichts finden, um so in die Kraft Gottes einzutreten. Wir alle müssen unser Leben nach dieser wahren Weisheit gestalten. Nicht für uns selber leben, sondern im Glauben an jenen Gott, von dem wir alle sagen können: "er hat mich geliebt und sich für mich hingegeben."
Generalaudienz, 29. Oktober 2008



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Das Schicksal des Apostels
Ein typisches Element des wahren Apostels, das vom hl. Paulus gut ins Licht gerückt wird, ist eine Art der Identifikation zwischen Evangelium und Verkündiger des Evangeliums, denen beiden dasselbe Los bestimmt ist. Keiner hat nämlich wie Paulus hervorgehoben, dass die Botschaft vom Kreuz Christi als „ein empörendes Ärgernis und eine Torheit“ (1 Kor 1,23) erscheint, auf die viele mit Unverständnis und Ablehnung reagieren. Das geschah damals, und man braucht sich nicht zu wundern, dass Gleiches auch heute geschieht. An diesem Schicksal, nämlich als „empörendes Ärgernis und Torheit“ zu erscheinen, hat also der Apostel teil und Paulus weiss das: es ist die Erfahrung seines Lebens.
Generalaudienz, 10. September 2008



Seine Verfügbarkeit gegenüber dem Willen Gottes
Paulus hat keine Angst vor dem Tod, im Gegenteil: Er bedeutet nämlich das vollkommene Bei-Christus-Sein. Aber Paulus hat auch Anteil an der Gesinnung Christi, der nicht für sich, sondern für uns gelebt hat. Für die anderen zu leben, ist sein Lebensprogramm, und deshalb zeigt er seine vollkommene Bereitschaft gegenüber dem Willen Gottes, gegenüber dem, was Gott entscheiden wird. Er ist auch in Zukunft vor allem bereit, auf dieser Erde für die anderen zu leben, für Christus zu leben, für dessen lebendige Gegenwart und somit für die Erneuerung der Welt zu leben. Wir sehen also: Dieses Bei-Christus-Sein erzeugt eine grosse innere Freiheit. Freiheit angesichts des drohenden Todes, aber auch Freiheit angesichts aller Mühen und Leiden des Lebens. Er ist einfach verfügbar gegenüber Gott und wirklich frei.
Generalaudienz, 12. November 2008